Ein nüchterner Blick in die Vergangenheit kann uns helfen, klar und präzise in unsere Zukunft zu schauen. Die turbulente Diskussion und der Hype um KI wird höchstwahrscheinlich einen ähnlichen Verlauf nehmen, wie bereits andere Technologien zuvor auch schon.
Horrorszenarien und geschürte Ängste
„Die KI könnte zu einem vollständigen Kontrollverlust der menschlichen Rasse führen und möglicherweise in einem Szenario, wie wir es aus Science-Fiction-Filmen kennen, in denen wie Welt entweder untergeht, oder die Maschinen die Herrschaft übernehmen“ lauten maximal ausgeprägte Argumente, mit denen wir gewarnt werden sollen. Ganz ehrlich, war das nicht schon immer so? Und am Ende kam es recht nüchtern. Alle bösen Szenarien sind dann doch nicht eingetreten.
Eine Analyse der Presse gibt Aufschluss
Kürzlich war ich im Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn. In einer Sonderausstellung wurde das digitale Deutschland vorgestellt. Unter anderem fand ich dort einige Ausgaben des Magazins DER SPIEGEL. Nach genauere Betrachtung habe ich Folgendes festgestellt:
Preisveränderungen
- 1964 0,5 EUR (1 DM)
- 1978 1,5 EUR (3 DM)
- 2016 4,90 EUR
- 2023 6,10 EUR
- 2024 8,40 EUR (16 DM)
Horror-Szenarien & Key Messages
- 1964: Roboter/Automatisierung killt alle Arbeitsplätze
- 1978: Computer ersetzen alle Handwerker. Wir werden alle Arbeitslos
- 2016: Computer beseitigen alle intelligenten Arbeitsplätze (Office)
- 2023: GPT mit seiner KI wird als bedrohliche Weltmacht dargestellt
Was wirklich passiert ist
- 1964: Die Automatisierung hat neue Wirtschaftszweige hervorgebracht
- 1978: Handwerker haben bessere Werkzeuge bekommen. Sonst nix
- 2016: Deutschland erlebt einen Boom an IT-Arbeitsplätzen
- 2023: Alle werden mit KI ein wenig schneller und produktiver
Fassen wir zusammen
Der Preis vom Spiegel ist um Faktor 16 angestiegen. Da ist in der Tat was passiert. Es sind neuen Arbeitsplätze und ganze Industrien neu entstanden und wir steigerten Produktivität, Geschwindigkeit und Qualität in unserer Wirtschaft in einem nie dagewesenen Maß. Roboter haben uns immer noch nicht vernichtet, das Internet hat keinen Weltuntergang herbeigeführt (War Games) und die KI ist im Grunde dumm wie ein Kaffeebecher und sorgt sogar dafür, dass nachfolgende Generationen ihre Hausaufgaben noch cleverer erledigen, als die Gen X-Leute.
Potenziale im Fokus
Ich bin jetzt seit etwa 1984 in der Digitalisierung unterwegs und kann Medien-Bewertungen zu zukünftigen Entwicklungen aus eigener Erfahrung recht gut vornehmen. OK, damals hieß das noch „programmieren“, Software entwickeln und by the way habe ich mich schon damals als sechzehnjähriger von meinem C-64 via Sprache morgens wecken lassen, mit einem eigens entwickelten Programm, dass auf SAM zurückgriff. Sprache im Device ist also auch nicht soooo neu.
Der Diskussion, ob KI wirklich gut ist, kann ich soviel abgewinnen, wie der Diskussion, ob Autos wirklich besser als Pferde sind und ob die Welt dadurch nicht mächtig unsicher wird und Arbeitsplätze verloren gehen werden. Hufschmiede gibt es bis auf diesen Tag. Recht wenige, das gebe ich zu, aber wie viele Millionen Arbeitsplätze sind mit der Automobilindustrie alleine in Deutschland entstanden?
KI ganz praktisch im Alltag
Meine Erfahrung mit KI im Auto ist wirklich toll. Bisher habe ich 1–2 Autobahncrashs durch das Eingreifen des Fahrzeugs vermieden und so manche Parklücke hat mein Auto wirklich viel besser eingezirkelt, bei der ich erst gar nicht stehen geblieben wäre. Siri hilft mir bei so vielen Anrufen, Terminen und Notizen, dass ich sie wirklich als KI nicht mehr missen möchte bis hin zu so einfachen Dingen wie die Erstellung komplexer Analysen in tabellarischer Übersicht mit GPT 4.0 oder auch Vorschläge für gute Email-Kommunikation. Früher haben wir das immer alles selber gemacht. Sind wir deshalb dümmer geworden? Quatsch! Wer will denn heute unterwegs noch Landkarten lesen? Navi mit Echtzeitdaten-Verkehrsanalyse – Alles KI. Ist doch gut, oder?
Produktivität im Woummmm-Faktor nutzen!
Im Übrigen habe ich kürzlich in zwei Wochen ein neues Buch geschrieben, als Mensch, wohl gemerkt, ohne KI! Die Korrektur hatte ich dann aber mit GPT in nur ein paar Tagen erledigt. Früher hat alleine dieser Arbeitsschritt locker in Abstimmung mit dem Lektorat sechs Monate gedauert. Ergibt das Sinn? Ich meine schon.
„Was nun – Wird KI wirklich alles verändern?
Harry Wessling zu KI-Entwicklungen, 2024
Nö, nicht wirklich. Aber es wird anders und schneller.“