LIVE aus Davos – Kein Weg zurück

Johannes Teyssen, CEO Eon

„Es wird keinen Weg zurück geben von der eigentlichen Revolution (…) Es wird zu einer Gestaltungspartnerschaft mit den Kunden kommen und das hat disruptive Folgen (…) Wir müssen die Kundenbeziehung immer wieder erneuern (…) deshalb investieren wir in Automatisierung (…) Man muss die gesamte Wertschöpfungskette der Kunden verstehen.“

Der Kunde als Dreh- und Angelpunkt

Johannes Teyssen spricht über Kundenanforderungen, Kundenbeziehungen und gesamte Wertschöpfungsketten von Kunden, nicht von unternehmen. Ein radikaler Wechsel in der Betrachtung von Geschäftsprozessen. Nicht mehr von innen heraus, sondern vom Kunden her gedacht. Nicht aus den Funktionsbereichen gesteuert, sondern an den Bedarfen und Bedürfnissen der Kunden ausgerichtet. Damit das funktioniert, sind innovative Technologien erforderlich. Plattformen für CRM und Customer Journey Management.

Den Blick nach vorne gerichtet

Johannes Teyssen geht noch einen Schritt weiter: „Man vergleicht sich da, wo man seine Stärke hat. Wieso führen wir den Kunden nicht wie beim Quartettspiel mit seinem Blick auf die Aspekte, in denen wir am besten sind?“ Innovationen brauchen frische Ansätze. Er vergleicht den Bau eines Porsches, denn als der erste Porsche gebaut wurde, gab es noch kein ausgebautes Netz von Autobahnen. Deshalb dürfen wir mit den Innovationen nicht dort stehen bleiben, wo die heutigen grenzen sind. Theyssen vermittelt Mut. Er zeigt die Chancen auf und fordert mehr Bereitschaft nach vorne zu denken. Er appelliert an unser Selbstverständnis und stellt eine entscheidende Frage:

„Warum befreien wir uns nicht aus alten Sprachmustern aus der alten Welt?“

Die Customer Journey Lüge

Customer Journey Management wird uns oft als aufregende Reise wilder Kunden beschrieben, die machen, was sie wollen. Alles falsch! Kunden sind Menschen mit Gewohnheiten und Mustern, die immer wieder auftreten. Aus diesem Grund kann deren Verhalten mit den richtigen Instrumenten auch gut vorausgesagt werden. Doch eine Sache ist viel wichtiger als „aufregende Reisen“ – VERTRAUEN!

Wert #1 – Vertrauen

Warum kaufen immer mehr Menschen so gerne bei amazon und das immer häufiger? Warum sind Apple Kunden so loyal, egal, wie teuer der Spass wird? Warum wählen Unternehmen Microsoft als Cloud- und Lösungsplattform? Warum suchen Menschen lieber bei Google Informationen als sonst wo? Warum sind Fahrer bestimmter Automarken quasi dessen Fans?

Alle Antworten haben etwas zu tun mit Erfahrungen, die Kunden gemacht haben. Diese Erfahrungen erzeugen Vertrauen. In der Neukundengewinnung, die by the way sehr teuer ist, muss Vertrauen erst mal aufgebaut werden, doch warum sind Bestandskunden loyal und wann wechseln sie Marken, Produkte oder Services?

Amazon – Handel und Plattformlösungen

Kunden vertrauen amazon, weil sie sich sicher sind, dass ihnen geholfen wird, wenn mal ein Problem mit einem Produkt auftaucht. Defekt nach 15 Monaten? Kein Problem – amazon bucht das Geld zurück und nimmt „ohne wenn und aber“ das Produkt zurück. Keine lästigen Reparaturen. Kein lästiges hin und her. Hier wird geholfen. Punkt!

Microsoft – Software-Plattformen

Kunden wissen, wie Word, PowerPoint und Outlook funktioniert. Immer zuverlässig. Immer produktiv. Ausgereift und bestens integriert in Plattformen wie Dynamics, SharePoint & Co. aus Sicht der Anwender. Die Software macht genau das, was Anwender erwarten und seit Jahren gewohnt sind. Egal, ob das Betriebssystem Schwachstellen hat. In Summe hat sich Microsft vor allem eins erarbeitet – Vertrauen in gute Lösungen.

Apple – Hardware- und Softwareplattformen

Mac’s und iPhones funktionieren einfach, sind gut zu bedienen und die Qualität der Produkte ist hochwertig. Immer das beste Material, das beste Design, die beste Technik. Der Öko-Space funktioniert einwandfrei und alles ist schön miteinander integriert und Microsoft passt auch überall schön drauf. Wozu Experimente? Kunden vertrauen Apple und wissen, dass sie keinen Ramsch erhalten.

Google – Informationsplattform

Wir suchen Informationen bei Google, weil wir wissen, was wir erhalten. Hier wurde Vertrauen aufgebaut. Viele Menschen sind auch bereit, ihre Daten ausnahmslos an Google zu übergeben. Grund Nummer Eins ist auch hier, sicher zu wissen, dass Google die Informationen liefert, die wir suchen. Wer experimentiert da schon mit Duck-Duck oder Bing? Wir vertrauen dem Ergebnis, weil es sich als robust erwiesen hat.

BMW, Audi und Mercedes – Mobilitätsplattformen (na ja, noch sind es Autos)

Wer sich einmal für einen Hersteller entschieden hat, ist sehr häufig loyal, weil er einfach gute Erfahrungen gemacht hat. Man gewöhnt sich an die Bedienung und den Charakter eines Fahrzeuges. Wir vertrauen … bis …

Best Practice CX

Während der Kundenreise ist die gemachte Erfahrung (CX = Customer Experience) das ausschlaggebende Element. Kunden werden loyal, wenn deren Erwartungen getroffen und bestenfalls übertroffen werden. Damit das funktioniert, sind keine aufregenden Customer Journeys von Nöten. Was wirklich zählt ist Konstanz, Verlässlichkeit und die Einlösung von Leistungsversprechen. Und sowas in einer disruptiven Welt? Ja, so einfach kann das sein. Das die ganze Sache digital sein muss, ist eine andere Geschichte, aber im Kern bleibt es so, dass Vertrauen über lange Wegstrecken gewonnen wird und dazu ist Kontinuität und Zuverlässigkeit erforderlich.

Und was ist daran digital?

Alles! Mit modernen Werkzeugen (Predictive Analytics, Artificial Intelligence) kann Kundenverhalten vorausgesagt werden, weil Kunden doch nicht so individuell sind, wie sie alle glauben. Aus diesem Grund ist eine 1:1 Interaktion von Mensch und Maschine (Kunde und Anbieter) möglich, weil Kunden sich gleichen. Die Maschine muss halt nur rausfinden, welchen Typ von Kunden sie vor sich hat, meinetwegen auch welche Persona. Die Maschine kann auch voraussagen, wann der Kunde flöten geht. Das kann man am besten ausrechnen, wenn man sich die Servicedaten anschaut, um die Kundenerfahrung zu verbessern. Natürlich funktioniert das nur bei „ordentlichen“ Produkten.

Customer Experience? – Voll daneben!

„Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und Customer Journeys realisiert. An vielen Touchpoints sichern wir eine sehr gute Customer Experience“, behaupten die Unternehmen die innovativ unterwegs sind. Doch leider ist das noch lange nicht genug. Wem der Text zu lang ist: Scroll ans Ende und schau auf das Zitat, die Essenz. Jetzt folgt der Weg dahin.

Customer Experience ist tot – Es lebe Customer Behavior (CB)

Customer Experience (CX) ist schön und gut, aber es ist nicht final bis zum Ende durchdacht. Am Ende steht nicht die Kundenerfahrung, sondern das Kundenverhalten. Von der Erfahrung bis zum Verhalten ist noch eine Wegstrecke zurück zu legen. Wo liegt der Unterschied? Experience vs. Behavior.

Die Idee hinter CX

Kundenerwartungen sollen getroffen und bestenfalls auch noch übertroffen werden. Ein alter Hut. Die Erfahrungen der Kunden sollen an allen Kontaktpunkten mit dem Ziel gestaltet werden, die Beziehung zum Kunden emotional und kognitiv auszubauen. Dahinter verbirgt sich der Gedanke, zufriedene Kunden zu Botschaftern und Missionaren zu machen. Man denke nur an BMW/Audi-Fahrer oder Apple-„Fanboys“. Ist das Ziel einmal erreicht, werden diese Kunden die Hersteller sogar gegen Angriffe verteidigen. Menschen werden zu Botschaftern einer Marke. Das alles funktioniert jedoch nur dann, wenn die Kundenerfahrungen (CX) von positiven Erfahrungen geprägt wurden.

Die Idee hinter Customer Behavior (CB)

Kundenverhalten ist die resultierende aus Kundenerfahrung plus weiterer Einflussfaktoren. Dazu gehört Informationssammlung (ZMOT), Verarbeitung der Information (basierend auf dem Elaboration Likelyhood Modell = Motivation + Fähigkeit), emotionale Zustände und Entscheidungen. Die alles entscheidende Frage lautet: Sind die Kunden motiviert und fähig, Signale und Informationen zu verarbeiten? Viele Kunden sind wohl motiviert, aber selten fähig, wenn es um komplexere Sachverhalte geht. Was hilft? Die Antwort ist elementar:

SIMPLIFY

Fast alles ist einfach zu komplex, als das wir es wirklich verstehen. Also reduzieren wir es auf das Wesentliche. Das ist auch der Grund, warum das iPhone seinen Siegeszug antreten konnte. Unabhängig von den Lösungen in Hard- und Software war es vor allen Dingen eins – EINFACH zu bedienen. So läuft das auch mit der Informationssuche. Je einfacher und verständlicher, desto erfolgreicher in der Breite. Zurück zu CX. Es geht eben nicht darum, omnipräsent alle Kontaktpunkte zu organisieren, sondern diese so hart zu reduzieren, dass die übrig gebliebenen Kontaktpunkte gezielt ausgestaltet werden können. Hier ist strategische Disziplin gefordert. Na ja, vielleicht mal ein Projekt zur Reduktion und nicht „immer mehr“.

Beispiel für Simplify

Während sich einige Hersteller mit einem Multi-Channel-Vertrieb herum schlagen, haben die erfolgreichen Hersteller überwiegend die Kanäle reduziert. Apple hat nur noch seine eigenen Stores im Fokus und die ehemaligen Apple Händler sind quasi alle ausgestorben. Genau so, wie Premium-Automobilhersteller ihre Kanäle an die Kette gelegt haben mit dem Ziel, eine perfekte Kundenerfahrung zu organisieren. Je hochwertiger die Produkte, desto eher wird reduziert. Je mehr Masse, desto mehr Komplexität. Auch kleine hochwertige Anbieter wie nubert Lautsprecher. Alle stellen sicher, dass der Kunde sich richtig verhält, denn Interesse ist noch kein Kauf(-Verhalten = Customer Behavior).

Anmerkung

Ja, für alles gibt es Gegenbeispiele und dieser Blog hat auch nicht den Anspruch wissenschaftlicher Abhandlungen. Im Fokus stehen Impulse für Menschen, die im Rennen der Digitalisierung frische Ideen und Impulse benötigen.

Der Impuls heute lautet:

„Mach dich nicht verrückt mit dem ganzen CX. Reduziere Komplexität. Danach investiere in die richtigen Instrumente, um die CX bestmöglich auszugestalten, um das Kundenverhalten (CB) besser zu steuern.“

That’s it.