Kurs-Crash vorbei – Kursrally erwartet

Die Artikel zur aktuellen Entwicklung an den Wertpapierbörsen sind vor allem eins – orientierungslos, ein Fähnchen im Wind und immer nur erklärend, warum dies und das passiert ist. Fast so, wie mit der Sau, die derzeit durch’s Dorf getrieben wird: Digitalisierung als Heilsbringer der Produktivität oder Arbeitsplatzvernichter. Was denn nun?

Fluch und Segen der Digitalisierung

Berater werden Ihnen nur eine Richtung empfehlen: Alles rausholen, was möglich ist. Digitalisieren Sie alles. Vernetzen, beschleunigen und ab in die Cloud, so weit der Blick auch nur reicht. Kritische Stimmen? Fehlanzeige. Sie werden mit Studien zugeschmissen, die belegen, dass die Digitalisierung unausweichlich und quasi zwangsverpflichtend ist. Wirklich? Ist das so?

Faktor Mensch

Denken wir mal nach. Ganz einfach. Kurz mal stehen bleiben. Die ganze Nummer mit der Digitalisierung hat doch nur ein einziges Ziel – Die Erfahrungen von Menschen sollen besser werden. Meinetwegen nennen wir es Customer Journey, Kundenerfahrung oder auch Customer Experience. Fakt ist: Der Mensch steht im Zentrum der ganzen Bemühungen. Wenn dem so ist, können wir auch eine einfache Frage beantworten: Wie viel Prozent des Innovationsbudgets fließt in die Menschen? Wie lautet das Programm für digitale Transformation bei den Mitarbeitern? Welche Scrum-Runden gibt es dazu? Wie viele Berater sind damit beauftragt? Einfache Fragen und ich vermute, dass jetzt sofort die Verteidigungskanonen der Rechtfertigung aufgefahren werden, warum das eben nicht der Fall ist und warum in „Change“ nur Mini-Budgets einfließen.

Kunden sind Menschen – Mitarbeiter auch

Fakt ist, wie machen das alles für Menschen, denn unsere Kunden sind keine Maschinen. Unsere Kunden sind Menschen. Wir sollten auch unsere Mitarbeiter als wertvollste Investition betrachten. Wenn dem so ist, spiegelt sich das in den Investitionen wieder. Wenn jedoch alles für Plattformintegration drauf geht, läuft gewaltig was schief! Das muss geändert werden, denn nur so ist Digitalisierung auch wirklich nachhaltig wirksam in der Entfaltung von Produktivität.

Gegensteuern und Zukunft sichern

Ein Tool nach dem Anderen und ein Feature nach dem Nächsten ohne entsprechende Investments in den wichtigen Faktor Mensch wird am Ziel vorbei führen. Recht sicher sogar. Lassen Sie das nicht zu. Steuern Sie dagegen, denn die Welle wird früher oder später alle treffen und wer nicht vorbereitet ist, bringt den ganzen Kahn in Gefahr zum Kentern. Das gilt es zu verhindern.

Customer Journey – Liebe auf Knopfdruck?

Auf der Suche nach digitalen Themen stoße ich beim Lesen der Online-Tageszeitungen auf eine Anzeige. Zum ersten mal klicke ich darauf. Nicht aus Interesse an der Sache, sondern am Interesse zur digitalen Lösung. Ich lande auf einer Seite, die ein Prüfsiegel enthält von Stiftung Warentest. Parship.

 

„Liebe per Knopfdruck“

Ich lehne mich entspannt zurück und schau mir an, was da so alles zu lesen ist. Schon komisch, das hier ein Institut erwähnt wird, dass sich beim testen von Produkten und Waren einen Namen gemacht hat. „Stiftung Warentest“. Offenbar wurde hier eine Ware getestet. Es fällt sofort ins Auge, dass hier recht hübsche und attraktive Menschen abgebildet werden. Ich schaue mir das Bild mal genauer an und denke: „Sorry, hier ist nichts echt. Nicht die Zähne, nicht die Haut, nicht der Hals, nicht die Augen und auch nicht die schön verpackten … sonstigen Attribute“.

Nun gut, wenn die Tester und Prüfer von Stiftung Warentest hier den ersten Platz attestieren, dann muss das mit dem „Jetzt verlieben“-Button doch einfach funktionieren. Im Ernst, diese Seite ist sowas von skurril und doch ist Parship offenbar einer der erfolgreichsten digitalen Lösungen im Universum der suchenden einsamen Herzen.

Wenn ich nicht zwei Menschen kennen würde, die sich einen Spass daraus gemacht haben und auf einer solchen digitalen Plattform ihre Partnerinnen gesucht und angeklickt haben, würde ich es einfach nicht glauben. Das ist schon Jahre her. Beide Suchenden führen eine äußerst gute Partnerschaft mit den dort „jetzt verlieben“ angeklickten Menschen.

Komische digitale Lösungen

Es mag schon sein, dass die Customer Journey auf solch einer Plattform außergewöhnlich ist. Die „Angebote“ sind zum greifen nahe und wenn man sich per Knopfdruck verlieben kann, warum also nicht? Der Einstieg ist voll künstlich, maßlos übertrieben und die Leistungsversprechen im Bildmaterial sind offenkundig gelogen … und dennoch. Hier klicken Menschen mit Sehnsucht auf „jetzt verlieben“ und eine erstaunliche Reise scheint zu beginnen. Auch das gehört zur Digitalisierung unseres Lebens.

Netflix – Das ist erst der Anfang

Flashback. Vor einigen Jahren habe ich am Abend vor den Quartalsergebnissen Amazon-Anteile gekauft. Ich meine der Kurs stieg seinerzeit auch quasi über Nacht um über 10 Prozent. Jetzt passiert ähnliches bei Netflix und ein Blick auf die Entwicklung zeigt vor allem eins – grundsolides Wachstum.

Digitalisierung des TV-Konsums – Neues Kundenverhalten

Netflix Kursentwicklung

Hin und wieder kommt es vor, dass ich meine Söhne frage, ob sie vielleicht mal einen James Bond mit anschauen, der im Fernsehen läuft. Montagskino auf ZDF. Ich blicke dann in rollende Augen. Junge Leute sehen was sie wollen und wann sie wollen. Bei uns ist es amazon prime und wenn ich es nicht schon hätte, würden meine Söhne mich überzeugen, Netflix zu kaufen. Konsum von Serien hat sich komplett von Ort und Zeit gelöst. Digitales Kundenverhalten eben.

Nicht selten werden Serien unterwegs geschaut. Vorher herunter geladen und immer verfügbar, wenn mal ein Fenster „Nichtstun“, wie beispielsweise auf Reisen vorhanden ist. Teenager haben sowieso viel mehr Zeit für Serien, als wir vermuten. Da ist der Preis für Netflix gegenüber dem Kino geradezu lächerlich. Außerdem ist Kino ein Event und kein Konkurrent.

Kursentwicklung im Fokus

Erst diese Woche haben etliche Analysten und Institute ihr Rating auf Buy gesetzt und den Kurs noch mal ordentlich nach oben korrigiert. Zu recht, wie sich jetzt zeigt. Die besagten amazon-Anteilspapiere hatte ich innerhalb weniger Stunden mit einem satten Plus losgeschlagen und mich gefreut. Heute weiss ich es besser, besitze immer noch Amazon-Papiere, allerdings nicht mehr zum Einstiegskurs von 180 US$. Bei Netflix werde ich den gleichen Fehler nicht noch einmal begehen und mich von kurzfristigen Gewinnmitnahmen täuschen lassen.

Das Unternehmen läuft hervorragend und 118 Millionen Abonnenten sind noch gar nichts im Vergleich zum unausgeschöpften Potenzial. Ich persönlich glaube nicht, dass hier kurz- bis mittelfristig eine Bremse wirken wird. Die kritische Masse zum Erfolg von Plattformen wurde erfolgreich passiert. Apple ist zu altbacken mit seinem Angebot an Filmen und dient oft als Lückenbüßer. amazon prime hat zwar auch viel im Köcher, doch es fehlt die Qualität im Angebot verglichen mit Netflix. Da ist noch mehr drin.

The digital race goes on