B2B Customer Journeys mit Design Thinking im Banking realisieren

Die Headline ist echt ein Klopper. Stimmt total. Das Problem ist, dass es ziemlich viel Erklärung für Einsteiger in die Thematik der digitalen Transformation abverlangt. Also mal langsam und am Beispiel dargestellt. Beginnen wir mit der Problem- und Aufgabenstellung in einem speziellen Fall bei einer Landesbank.

Ausgangslage

Sparkassen vergeben quasi täglich Kleinkredite bis zu 5 Mio. EUR. Um das Risiko besser zu managen, teilen die kreditvergebenden Sparkassen das Risiko mit einer Landesbank. Dieser Metakreditprozess erfordert einen hohen Abstimmungsbedarf zwischen Sparkasse und Landesbank auf Markt- und Marktfolgeseite. Bis der Kredit bewilligt und zugeteilt wird, findet ein umfangreiches Ping-Pong-Spiel zwischen den Instituten statt, um allen regulatorischen Anforderungen zu genügen und identifizierte Risiken abzusichern. Es werden quasi tonnenweise Informationen von A nach B geschaufelt und wieder zurück, geprüft, neu angefordert und so weiter, bis die ganze Nummer durchgezogen wurde. Ein sehr komplexer Prozess. Auf beiden Seiten sitzen Profis und jeder versteht sein Geschäft exzellent.

Die Idee

Die Landesbank hatte gleich mehrere Ideen dazu. Warum diesen komplexen Prozess nicht „einfach“ auf einer Plattform abwickeln? Ohne lästiges analoges hin und her von Informationen und Nachweisdokumenten, wobei Emails auch als analog gesehen wurden. Und wenn schon, denn schon: Warum das ganze nicht einfach aus Kundensicht gestalten, wobei der Kunde der Landesbank die Sparkassen mit ihren Kreditexperten sind. Kurzer Hand sucht sich die Landesbank einen Berater, der ein Design Thinking-Projekt unterstützt. Ziel: Radikale Ausrichtung der Metakreditprozesse an der „Customer Journey“, Erstellung eines Prototypen in Form eines MVP (Minimal Viable Product) und als Nebeneffekt eine schöne Kostenreduktion mit Prozesseffizienzsteigerung realisieren.

Das Projektvorgehen – ganz einfach

Was kompliziert klingt, wird jetzt recht einfach. Wirklich! Als Projektleiter des Beratungsunternehmens – wie gesagt, auf diesem Blog keine Werbung – hat mir die Landesbank die Freiheit eingeräumt, mit dem Team so vorzugehen, wie es Sinn macht. Also haben wir uns als kleiner Inkubator eingeschlossen und erst mal in einem ebenso kleinem Team die Ist-Prozesse angeschaut und frei dokumentiert, also an Brown-Papers und nix mit einem teuren ARIS o.ä. digitalen Tools. Ja genau, in einem Digitalisierungsprojekt. Richtig gelesen. Wie ich sagte, es ist gar nicht so schwer, wenn man es richtig macht. Und es ist auch gar nicht so teuer. Anders formuliert, wenn es zu teuer wird, stimmt etwas nicht.

Aber zur Sache: Nachdem wir also die „Insight-out-Perspektive“ definiert hatten, ging es jetzt um die Kundenperspektive, also die Perspektive und das Erlebnis der Kreditexperten bei den Sparkassen, für die wir eine wunderschöne Customer Journey gestalten wollten. Jetzt also „outsight-in“, von außen nach innen gestaltet. Kurzer Hand haben wir Workshops mit einer repräsentativen Sparkasse durchgeführt. Repräsentativ im Sinne von „liegt im arithmetischen Mittel“. Die dortigen Kreditexperten, samt Vorstandmitglied haben ihre Erlebnisse und Anforderungen auf ihrer Kundenreise mit uns geteilt. Natürlich wurden die Brown-Paper systematisch a la Design Thinking und Customer Journey Mapping-typisch mit Know-how zugekleistert.

MVP – Erstellung der Lösung

Mit den Ergebnissen in der Tasche haben wir uns wieder eingeschlossen und in Experten-Arbeitstreffen mal einfach ein Stück Plattform (IT-Lösung) auf Basis unserer Unterlagen entworfen. Bildschirm für Bildschirm haben wir die Customer Journey mit den Inhalten des komplexen Metakreditprozesses auf dem Scratch entwickelt. Fern ab von uns hat eine Agentur in der anderen Hälfte der Republik mit uns virtuell den Prototypen erschaffen. Täglich haben wir uns im Team die Zwischenstände angesehen und entsprechende Anpassungen angefordert, die wiederum tagesgleich umgesetzt wurden. Design Thinking in Reinkultur, schneller als jedes agile Projekt.

Das Ergebnis

Das Ergebnis haben wir wenige Wochen später der Sparkasse demonstriert. Ganz zu deren Verblüffen. So etwas hatte weder Vorstand, noch Kreditexperten jemals zuvor gesehen. Na ja, vielleicht nach einem Jahr Entwicklungsarbeit, aber genau darum ging es ja. Wettbewerbsvorteile müssen durch Speed und die Fähigkeit von „go to market“ generiert werden. Letzten Endes haben wir das „abgenommene“ Ergebnis intern bei der Landesbank präsentiert und auch Begeisterung beim Vorstand auslösen können. Üblicherweise sind in solchen Projekten erst mal Tonnen an Prozessdokumentation vorhanden. Bei uns – mit nichten! Aber ein Stück Software/eine Plattform, eine Lösung, mit der die hoch innovativen und an der Customer Journey ausgerichteten Prozesse realisiert wurden. Eine andere Sache ist die Integration in die bestehende IT-Architektur, aber ohne den Design Thinking-Ansatz hätte alleine dieser Prozess erst mal locker ein Jahr verschlungen und damit nicht nur Zeit, sondern auch ordentlich viel Geld und was am wichtigsten ist, Verlust an Wettbewerbsvorteil.

 

Perspektivenwechsel – Jetzt aber wirklich

Digitale Transformation in Unternehmen beginnt dort, wo die Perspektive in der Marktbearbeitung von Marketing, Vertrieb und Service radikal auf den Kunden ausgerichtet wird. Ob es sich dabei nur um bloßes Gerede handelt oder der Perspektivenwechsel wirklich durchgeführt wurde, kann ganz einfach getestet und mit einer Frage beantwortet werden:

„Werden Geschäftsprozesse aus der Kundenperspektive gestaltet?“

Der erste Schritt im Perspektivenwechsel und damit in der Umsetzung der digitalen Transformation von Leistungsorganisationen besteht im Design der Geschäftsprozesse vom Markt her, sehr konkret aus der Kundenperspektive. Wir alle kennen den Kaufprozess in fünf Phasen von Kotler (1. Mangel/Problem > 2. Informationssuche > 3. kognitive Bewertung der Alternativen > 4. Entscheidung und Ausschluss von Alternativen und > 5. Ex-Kaufverhalten und Rechtfertigung), doch es geht auch einfacher. Im Grunde genommen reichen drei Phasen aus, mit denen Geschäftsprozesse zur Marktbearbeitung digital transformiert werden können:

  1. NEED
  2. BUY
  3. USE

In diesen drei Phasen findet die Kundenerfahrung (CX) statt. Aus Unternehmensperspektive werden die Erfahrungen organisiert in den Fachbereichen Marketing = NEED, Vertrieb = BUY und Service = USE. Aus dieser Makro-Ebene heraus werden Kundenerfahrungen entlang möglicher Routen geplant, begleitet und angepasst. Recht einfach, eigentlich.

Hindernisse in der digitalen Transformation

Alt hergebrachte Projektansätze im Wasserfallmodell versagen an dieser Stelle. Das betrifft nicht nur IT-Projekte, sondern auch Projekte zum Redesign von Geschäftsprozessen, um sie auf Kundenerfahrungen auszurichten. Sogar agiles oder halbagiles Vorgehen ist oftmals zum Scheitern verurteilt. Was jetzt konkret zur Gestaltung hilft, ist Design Thinking als Methodenansatz, doch leider ist die Methode noch nicht so etabliert, als dass sie konsequent angewendet wird, um den Erfolg abzusichern. Eine spezifische Anwendung von Design Thinking als Methode ist das Customer Journey Mapping. Man macht Workshops und schon heißt der ganze Ansatz recht kompliziert „Customer Journey Mapping Workshop“.

Ausblick

Morgen berichte ich hier von einem sehr spezifischen und vor allem pragmatischen Ansatz, den eine Bank im Metakreditgeschäft mit Design Thinking als Methode durchgeführt hat. Es ist einfacher als gedacht, vorausgesetzt, die Beteiligten wissen, was sie tun.

Kundenreisen im B2B-Bereich

Bei einer Kundenreise denken wir oftmals an Endverbraucher. Doch viele Leistungsorganisationen haben es auf der anderen Seite mit Vollprofis zu tun und wir sprechen von Prozessen im B2B-Bereich. Ich werde morgen kurz und knapp beschreiben, wie Design Thinking von der Idee bis zur Lösung eingesetzt wurde. Eben nicht wie im Lehr- und Theoriebuch, aber genau so, wie es praxisgerecht geholfen hat, die digitale Transformation voran zu treiben und Kundenerfahrungen im B2B-Bereich neu auszurichten, inkl. Umsetzung in der IT-Plattform.

Hokus-Pokus „Customer Experience“

Fühlen Sie sich auch manchmal ein wenig an der Nase herum geführt, wenn gescheite Unternehmensberater ihren Sprachkoffer öffnen und Sie mit Worthülsen bombardieren wie  „CX, Touchpoints, Customer Journey, Customer Analytics“ und so weiter? Früher war die Welt einfach. Da gab es Marketing, Vertrieb und Service. Vielleicht auch noch ein Management der Vertriebskanäle und gut war es. Schade eigentlich, dass die Welt so kompliziert geworden ist, oder?

Hokus Pokus CX

Das Thema Kundenerfahrung ist mittlerweile extrem kompliziert geworden, weil Kunden schlicht weg alle Möglichkeiten nutzen, die heute in einer digitalisierten Welt zur Verfügung stehen. Das fängt beim Smartphone an, geht über amazon und hört am stationären Handel auf. Die ganzen Kontaktpunkte wollen organisiert und gesteuert werden. Damit das gelingt, versuchen Unternehmen eine Kundenreise zu organisieren. Einfach gesprochen, eine Customer Journey. Da haben wir es schon wieder – so ein Fremdwort. Das ganze kommt uns irgendwie als großer Hokus-Pokus daher. Das ist verständlich, denn alle reden von der Kundenerfahrung, doch was am Ende wirklich zählt, ist das Verhalten der Kunden. Die Erfahrungen sollen das Verhalten der Kunden lediglich beeinflussen und zwar möglichst positiv.

Wie jeder guter Zaubertrick, ist er nur so lange ein großes Hokus-Pokus, bis uns jemand den Trick genau erklärt. Plötzlich fällt es uns wie Schuppen von den Augen und wir erkennen: „Ach was! So ist das also!“ und alles was der Zauberer braucht, ist üblicherweise ein gutes Gerät. Der Trick ist oftmals gekauft und nicht wirklich magisch.

Customer Experience – So geht das

Hier werde ich jeden Tag ein wenig hinter die Kulissen schauen, den Vorhang öffnen und die Magie entzaubern. Da ich selber zu den „Magiern“ gehöre, kann ich ganz offen über die erstaunlichen Tricks berichten, damit alle davon profitieren. Customer Experience ist einfacher als gedacht, aber es kostet vielleicht eine Investition in die Trick-Kiste. Ich will jetzt noch nicht auf Omni-Channel CX eingehen, sondern erst mal ganz einfach beginnen. Wenn ein Unternehmen wissen will, wie es Kundenerfahrungen besser organisieren kann, dann macht es Sinn, zu aller erst mal die Kundenperspektive einzunehmen. So etwas passiert in Customer Journey Mapping Workshops. Dazu später mehr. Die Ergebnisse werden anschließend in handfeste technologische Lösungen gegossen, Prozesse werden angepasst und Mitarbeiter werden geschult.

Ausblick

„Kundenperspektive? Machen wir doch heute schon“, wird der Eine oder Andere sagen. Die Wahrheit ist aber, dass Unternehmen nach wie vor mit Vorliebe in den Bereichen Marketing, Vertrieb und Service ihr Aktivitäten planen, Ziele definieren und operativ bearbeiten. Üblicherweise aus der Perspektive eines Unternehmens. Was es bedeutet, die Perspektive wirklich zu ändern, darüber werde ich in Kürze berichten.