CRM: Microsoft vs Salesforce

Die Headline ist nicht ganz korrekt, dann der Vergleich der zwei CRM-Titanten müsste lauten Dynamics vs Salesforce, womit wir auch schon beim ersten Punkt wären. Salesforce bietet eine CRM-Plattform zur Marktbearbeitung an, während Microsoft ein umfassenderes Business Ökosystem anbietet, in dem Dynamics einen Teil repräsentiert. Warum werde ich so oberflächlich? Nun, in vielen Evaluationsprojekten für DAX-Unternehmen und Mittelstand stelle ich fest, dass nach umfangreichen Investments in eine unabhängige Auswahl der Plattformen am Ende oft ganz menschlich entschieden wird.

Rationale Auswahl wie im Lehrbuch oder wie?

Abseits von Gartner, Forrester & Co. werden Entscheidungen in Unternehmen nicht immer rational getroffen. Das wäre zwar wünschenswert und wenn ein Buying Center samt Einkauf und Fachabteilung mit der IT am Tisch sitzt, ist die Idee einer rationalen Entscheidung so gut, wie die Lehrbücher, aus denen sie stammen. Compliancetechnisch wird nach außen auch genau so entschieden, doch als Insider kann ich berichten, dass es sehr wohl auf die Vertriebsarbeit der Anbieter ankommt. Wer sich mächtig ins Zeug legt, kann gewinnen, auch dann, wenn die komplexen Auswertungstabellen mit mehreren Hundert Anforderungsitems vielleicht eine andere Tendenz in der Ergebnismetrik der Fit-Gap-Analyse anzeigen.

Wer ist most sexy?

Tja, das ist wirklich keine unberechtigte Frage, denn Look und Feel, eine geschliffene GUI über die Formfaktoren hinweg und einfache Handhabung entscheiden häufig über Sieg oder Niederlage. Ich sage jetzt nicht wer hier was genau macht, aber wenn ich sehe, dass ein Hersteller – und ich spreche jetzt nur über die zwei Market Leader- für die Angebotspräsentation eine Werbeagentur mit einbezieht, obwohl das Slide Deck für Sales komplett ausgearbeitet ist, dann zeigt es eins. Der Sales eines Herstellers legt sich so hart ins Zeug, um die standardisiertete Plattformlösung perfekt auf Branchen- und Kundenanforderungen auszurichten, um den Wettbewerber schon am Eingang aus dem Weg zu drücken. Der erste Eindruck zählt bekanntlich und ist nur schwer zu ändern.

Die besten kognitive komplett richtigen Argumente für eine einfache Integration in die bestehende IT-Architektur kommen da einfach nicht so gut an in der Fachabteilung. Aber eben nur dort. Sexyness wird unterschiedlich interpretiert. Für den Fachbereich ist es eine schöne GUI, für die IT eine elegante Integration und für den Einkauf schlicht weg der beste Preis. Ganz so einfach ist es also nicht, wie auf den ersten Blick gedacht.

Wer hat die stärkeren Muskeln?

Wer sich binden will und seine Partnerin oder seinen Partner aussucht, macht das durchaus nach unterschiedlichen Gesichtspunkten. Mag ja sein, dass es Menschen gibt, die sich nicht so einfach verlieben, sondern kluge Berater engagieren, die mit ausgebufften Checklisten daher kommen, alle Anforderungen aus Fachabteilungen, IT, strategische Passgenauigkeit usw. abgleichen, damit am Ende eine gute Auswahl getroffen wird. Inhaltlich sind die Hersteller alle sehr professionell, haben tolle Lösungen gebaut, können Prozesse sehr gut abbilden und doch bleibt es so, dass in der Wahrnehmung zwei Dinge zum Vorschein kommen. Der Eine will most sexy sein und er Andere die stärksten Muskeln haben. Das eine schliesst das andere ja nicht aus. Schlank oder muskulös? Beide Faktoren haben ihre Berechtigung „Spass an der Arbeit“ und „produktiv sein“.

Wer liegt in der Gunst der Kunden vorne? 

So einfach ist das leider nicht. Bei jedem Auswahlprojekt identifiziere ich komplett unterschiedliche Anforderungskonstellationen in den Unternehmen, die eine bestehende CRM-Plattform durch einen neuen Ansatz ersetzen möchten. Aus diesem Grund muss jeder Kunde seine Kriterien festlegen, nach denen er seine rationale Entscheidung treffen will. Gartner und Forrester liefern nur ein Ergebnis: Es gibt wenige Anbieter an der Spitze. Das wars dann aber auch schon. Die Investition in eine neue Plattform kann nur dann als Investition abgesichert werden, wenn alle Elemente rationalisiert werden. Dazu gehören: Die strategische Ausrichtung, Fachanforderungen in Marketing, Vertrieb und Service, untergliedert in Best Practice Industrietemplates mit deren Spezifizierungen, finanzielle Betrachtungen über mehrer Jahre, Integrationsanforderungen in bestehende IT-Architekturen bis hin zu allen möglichen nicht funktionalen Anforderungen.

Üblicherweise umfassen die Entscheidungskataloge mehrere Hundert Anforderungen. Hinzu kommen ausgewählte spezielle Business Szenarien, die von den Anbietern als sogenannte Lösungs-Use-Cases geprüft werden. Das alles ist und bleibt sehr komplex. Leider habe ich keine bessere und vor allem billigere Nachricht.

Investitionsentscheidungen wollen abgesichert werden

Die Evaluation und Auswahl einer CRM-Plattform ist in der Tat im Rahmen der strategischen Disziplin bei der Digitalisierung ein langfristig ausgerichtetes Unterfangen. Eine CRM-Plattform ist kein privates iPhone mit vielen netten Features, sondern ein scharfes Instrument zur Steigerung von Produktivität … und zum Ausbau der Work Life Balance. Letzter Punkt wird übrigens oft sträflich vernachlässigt. Auch das sind nicht funktionale Anforderungen, die abzubilden und zu überprüfen sind. Wer die Auswahl nur an funktionalen Anforderungen ausrichtet, kann am Ende eine teure Rechnung kassieren, die in keinem Business Case abgebildet wurde, weil die Lösung schlicht weg nicht die gewünschte Akzeptanz bei den Anwendern findet.

An der letzten Stelle helfen die Hersteller der Lösungen sowieso nicht, weil das nicht zur Kernkompetenz gehört. Das muss man entweder selber machen oder aber man holt sich externe Expertise an Bord. Das hängt ganz von der Erfahrung ab, die erforderlich ist, um die Digitalisierung zielgerichtet inklusive der erforderlichen Transformation abzusichern. Meine Erfahrung ist die: Die Expertise zu Evaluation und Auswahlmethodik, als auch Transformation und Integration kauft man sich am besten ein und liefert im gemeinen Ansatz.

Die Customer Journey Lüge

Customer Journey Management wird uns oft als aufregende Reise wilder Kunden beschrieben, die machen, was sie wollen. Alles falsch! Kunden sind Menschen mit Gewohnheiten und Mustern, die immer wieder auftreten. Aus diesem Grund kann deren Verhalten mit den richtigen Instrumenten auch gut vorausgesagt werden. Doch eine Sache ist viel wichtiger als „aufregende Reisen“ – VERTRAUEN!

Wert #1 – Vertrauen

Warum kaufen immer mehr Menschen so gerne bei amazon und das immer häufiger? Warum sind Apple Kunden so loyal, egal, wie teuer der Spass wird? Warum wählen Unternehmen Microsoft als Cloud- und Lösungsplattform? Warum suchen Menschen lieber bei Google Informationen als sonst wo? Warum sind Fahrer bestimmter Automarken quasi dessen Fans?

Alle Antworten haben etwas zu tun mit Erfahrungen, die Kunden gemacht haben. Diese Erfahrungen erzeugen Vertrauen. In der Neukundengewinnung, die by the way sehr teuer ist, muss Vertrauen erst mal aufgebaut werden, doch warum sind Bestandskunden loyal und wann wechseln sie Marken, Produkte oder Services?

Amazon – Handel und Plattformlösungen

Kunden vertrauen amazon, weil sie sich sicher sind, dass ihnen geholfen wird, wenn mal ein Problem mit einem Produkt auftaucht. Defekt nach 15 Monaten? Kein Problem – amazon bucht das Geld zurück und nimmt „ohne wenn und aber“ das Produkt zurück. Keine lästigen Reparaturen. Kein lästiges hin und her. Hier wird geholfen. Punkt!

Microsoft – Software-Plattformen

Kunden wissen, wie Word, PowerPoint und Outlook funktioniert. Immer zuverlässig. Immer produktiv. Ausgereift und bestens integriert in Plattformen wie Dynamics, SharePoint & Co. aus Sicht der Anwender. Die Software macht genau das, was Anwender erwarten und seit Jahren gewohnt sind. Egal, ob das Betriebssystem Schwachstellen hat. In Summe hat sich Microsft vor allem eins erarbeitet – Vertrauen in gute Lösungen.

Apple – Hardware- und Softwareplattformen

Mac’s und iPhones funktionieren einfach, sind gut zu bedienen und die Qualität der Produkte ist hochwertig. Immer das beste Material, das beste Design, die beste Technik. Der Öko-Space funktioniert einwandfrei und alles ist schön miteinander integriert und Microsoft passt auch überall schön drauf. Wozu Experimente? Kunden vertrauen Apple und wissen, dass sie keinen Ramsch erhalten.

Google – Informationsplattform

Wir suchen Informationen bei Google, weil wir wissen, was wir erhalten. Hier wurde Vertrauen aufgebaut. Viele Menschen sind auch bereit, ihre Daten ausnahmslos an Google zu übergeben. Grund Nummer Eins ist auch hier, sicher zu wissen, dass Google die Informationen liefert, die wir suchen. Wer experimentiert da schon mit Duck-Duck oder Bing? Wir vertrauen dem Ergebnis, weil es sich als robust erwiesen hat.

BMW, Audi und Mercedes – Mobilitätsplattformen (na ja, noch sind es Autos)

Wer sich einmal für einen Hersteller entschieden hat, ist sehr häufig loyal, weil er einfach gute Erfahrungen gemacht hat. Man gewöhnt sich an die Bedienung und den Charakter eines Fahrzeuges. Wir vertrauen … bis …

Best Practice CX

Während der Kundenreise ist die gemachte Erfahrung (CX = Customer Experience) das ausschlaggebende Element. Kunden werden loyal, wenn deren Erwartungen getroffen und bestenfalls übertroffen werden. Damit das funktioniert, sind keine aufregenden Customer Journeys von Nöten. Was wirklich zählt ist Konstanz, Verlässlichkeit und die Einlösung von Leistungsversprechen. Und sowas in einer disruptiven Welt? Ja, so einfach kann das sein. Das die ganze Sache digital sein muss, ist eine andere Geschichte, aber im Kern bleibt es so, dass Vertrauen über lange Wegstrecken gewonnen wird und dazu ist Kontinuität und Zuverlässigkeit erforderlich.

Und was ist daran digital?

Alles! Mit modernen Werkzeugen (Predictive Analytics, Artificial Intelligence) kann Kundenverhalten vorausgesagt werden, weil Kunden doch nicht so individuell sind, wie sie alle glauben. Aus diesem Grund ist eine 1:1 Interaktion von Mensch und Maschine (Kunde und Anbieter) möglich, weil Kunden sich gleichen. Die Maschine muss halt nur rausfinden, welchen Typ von Kunden sie vor sich hat, meinetwegen auch welche Persona. Die Maschine kann auch voraussagen, wann der Kunde flöten geht. Das kann man am besten ausrechnen, wenn man sich die Servicedaten anschaut, um die Kundenerfahrung zu verbessern. Natürlich funktioniert das nur bei „ordentlichen“ Produkten.

Digital Leadership im eigenen Leben

Ich beobachte zunehmenden Kontrollverlust im Umgang mit digitalen Instrumenten. Morgens werfen viele Menschen kurz nach dem Aufwachen einen Blick auf das Smartphone. News Checken. Wetter, Verkehr oder einfach Social Media. Abends im Restaurant viele komplett verarmte Paare, die immer wieder lieber auf ihre kalt leuchtenden Screens starren, als sich tief in die Augen zu schauen. Stummelkommunikation auf Twitter und voll gestresst von Instagram und Snapchat. Und irgendwie drängt sich beim Blick in berufliche Netzwerke der Gedanke auf, dass jeder mindestens einmal am Tag irgend einen Artikel oder Beitrag posten muss, den er irgendwo als Headline gesehen, aber nicht wirklich gelesen hat. Besser teilen als lesen. Und das soll Freude machen? Anreichern oder Kompetenz darstellen?

Digital Leadership – Mal anders gedacht

Leadership ist nicht immer unbedingt ganz vorne dabei zu sein, wenn es schon wieder irgend ein neues Gadget, ein Feature oder sonst was aus der binären Welt daher kommt, dass wir unbedingt nutzen müssen, um unser Leben zu vereinfachen. Wie wäre es mit dem Gedanken, sich mal eine ganze Woche gezielt kontrolliert zu verhalten? Also Kontrolle über die digitalen Instrumente und nicht umgekehrt. Vermutlich empfinden immer mehr Menschen gar keine Abhängigkeit. Wieso auch? Dem Raucher macht Rauchen Spass, wieso also reduzieren? Leadership bedeutet an erster Stelle Kontrolle über sich selbst. Wir sollten uns die Selbstkontrolle nicht von einem kleinen Gerät abnehmen lassen.

Die Zurückeroberung der Freiheit

Unheimlich viele Menschen zerstückeln sich und ihr Leben in kleine Teile, die sie dann in allerhand Netzen nach dem Motto: „ICH, ICH, ICH“ posten. Fotos werden eigentlich nicht wegen der Schönheit am erlebten geschossen, sondern eher, um anderen zu dokumentieren, wie wichtig man selber ist und was man nicht alles tolles erlebt hat. „ICH. ICH. ICH“. Diese kleinen verdammten Dinger reduzieren viele Menschen auf etwas, das sie gar nicht sind. Kunstwelten, in denen sich jeder von seiner Besten Seite zeigt. Auch intellektuell wird gepostet, was das Zeug hält. Wie können wir alle wieder ein Stück menschlicher werden, weniger digital, weniger egozentrisch? Zurück zur Freiheit, doch wie?

Autsch – das tut weh!

„Nö, das betrifft mich doch nicht. Vielleicht die anderen Idioten um mich herum, aber ich nutze das alles wirklich. Echt jetzt.“ Na ja, wer es denn glaubt. Es war schon klar, dass Steve Jobs Recht hatte, als er 2007 bei der Veröffentlichung des ersten iPhones sagte: „Das wird alles verändern.“ Dass es dann aber so fett kommt, hat wirklich zu dem Zeitpunkt kaum jemand gesehen. Nun, offenbar sind wir alle betroffen. Irgendwie. Wer beruflich aktiv ist kann sich kaum entziehen. Wir sind mitten drin, voll digitalisiert, doch wo ist der Ausgang?

Digital Leadership im eigenen Leben

Erneut die Kontrolle übernehmen, weniger Smartphone, mehr Augenkontakt. Weniger Chat, mehr Gespräch. Weniger Bilder, mehr echte Eindrücke. Es gibt kein Zurück, so viel steht fest und wir alle profitieren vom Segen dieser tollen Technologien, doch seien wir ehrlich, ab und zu müssen wir unsere Errungenschaften in die Schranken weisen, damit wir nicht das verlieren, was uns am meisten ausmacht. Menschlich sein. Das geht mit ein wenig Selbst-Leadership auch in einer digitalen Welt. Wie das ganz einfach geht?

Weniger dokumentieren, dafür mehr erleben und erzählen. In der echten Welt.