Drei Kernphasen im Design Thinking

https://youtu.be/Grh6q_P1288

Üblicherweise wird beim Design Thinking von sechs Phasen ausgegangen. Einfacher geht es mit drei Phasen, in denen alles enthalten ist. Modelle können mit zunehmender Reife immer feiner differenziert werden, doch in der Praxis finden einfache Ansätze immer mehr Beliebtheit. Drei Dinge kann man sich einfach besser merken, als sechs Komponenten.

Scan – Focus – Act

Der Design Thinking Ansatz kann in die Phasen Scan, Focus und Act aufgeteilt werden. In der ersten Phase geht es darum, herauszufinden, was der Endanwender oder Kunde möchte, was er empfindet und vor allem geht es darum, den Raum der kreativen Möglichkeiten zu erkunden.

Praktisch wird es mit einer Vielzahl von Ideen recht schwierig, weil sich am Ende eigentlich nur wenige gute Ansätze durchsetzen können. Kostenfaktoren und zeitliche Limitierungen sind natürliche Grenzen, die auch mit Design Thinking nicht einfach weggesprengt werden sollten. Grenzen helfen uns, fokussiert zu bleiben und nicht den Überblick zu verlieren.

In der dritten Phase sollte sich eine einzige Lösung etablieren. Was wäre heute ein iPhone, wenn Apple nicht Tastatur, USB-Stecker, Anschlussmöglichkeiten und Akkutausch eliminiert hätte? Ein iPhone ist vor allem eins – einfach in der Anwendung. In der Umsetzungsphase, in dem der Prototyp gebaut und bis zum MVP (Minimal Viable Product) getestet wird, hilft stets die Umsetzung aus der Phase Zwei mit reduziertem Fokus. Das beschleunigt die Lösung. Das erste iPhone war auch ein MVP, ohne AppStore, ohne Drittanwender Apps, ohne Cloudanbindung usw.

Reduktion hilft Kosten und Zeit sparen

Klingt logisch, richtig? In Projekten erlebe ich jedoch immer wieder, dass die Komplexität aus der Realität die Lösung der Zukunft mit prägt. Wer hier viel Mut und Entschlossenheit mitbringt, kann für seine Leistungsorganisation signifikante Vorteile erzielen. Oft sind kleinere Lösungen, die besseren. „Aber heute haben wir schon dieses und jenes und darauf sollen wir verzichten?“ lautet es dann. Design Thinking bedeutet Komplexität reduzieren, Kosten senken und Geschwindigkeit zulegen. Das sind keine konkurrierenden Ziele, aber sie erfordern ein kleines Opfer – Lösen Sie sich von der heute existierenden Realität. Das iPhone wäre nie zu dem geworden, was es heute ist, wenn Steve Jobs nicht kompromisslos alles bis dahin unbedingt „notwendige“ einfach eliminiert hätte. Das ist Best Practice. Haben Sie den Mut zu weniger, zur Reduktion, zum Fokus!

Mein Tipp: Fangen Sie beim Design Thinking an. Drei Phasen reichen aus.

Design Thinking Wurzeln

Kürzlich habe ich über die Wurzeln von Design Thinking bei Apple berichtet, zehn Jahre bevor es vermarktet wurde. Viele gute Ideen in der Menschheitsgeschichte sind parallel entstanden. Apple hat jedoch nie mit Methoden Geld verdient. Dennoch macht es Sinn genauer hinzusehen. Denn was heldenhaft in der Volkserinnerung haften geblieben ist, hat nicht unbedingt etwas mit der Realität zu tun.

Ein kurzer Blick zurück in die Geschichte der Mac-Entwicklung

Jef Raskin ist der eigentliche Vater des Mac. Steve Jobs hat dies für sich in Anspruch genommen, doch es ist belegt, dass er das Projekt von Jef Raskin quasi übernommen hat, samt den richtig guten Ideen. Was zeichnete Raskins Arbeit aus und wieso ist es ein gutes Vorbild für Design Thinker? Raskin leitete das Macintosh-Team. Er benannte den Rechner nach seiner Lieblingsapfelsorte, den McIntosh, eine leckere süß-saure Apfelsorte, beheimatet in Kalifornien. Steve Jobs wollte den Namen Macintosh kippen und in „Fahrrad“ ändern, was zu seiner Idee passte, Computer seien wie Fahrräder für unsere Gehirne. „Bicycle“ setzte sich im Team jedoch nicht durch.

Anwender! Anwender! Anwender!

Raskin hatte von Beginn an nur eins im Sinn, den Anwender. Was heute selbstverständlich ist, war damals noch von einem anderen Planeten. Der Mac begrüßte seinerzeit den Anwender mit „Willkommen“, während die Achtziger für Anwender geprägt war von einer grünen oder orangenen Kommandozeile mit der Eingabeaufforderung C:\>

Diese Zeichen sind kryptisch, stammen von Entwicklern aus Kellern, die sich mit ebenso komplizierten Befehlen herumschlugen, die kein normalsterblicher verstanden hat. Der Mac dagegen wurde gesteuert mit einer Maus und die Benutzeroberfläche war grafisch. Drag & Drop wurde geboren. Microsoft versuchte den Ansatz später zu kopieren, was jedoch in einem Desaster endete, weil die Fenster noch nicht einmal übereinander geschoben werden konnten, wie es beim Mac möglich war.

Kunden wissen aber nicht, was sie wollen

Die Moral der Geschichte ist recht einfach – Lösungen aus Sicht der Anwender/Kunden denken. Steve Jobs hatte dann schon Recht, als er später sagte, dass die Kunden eigentlich gar nicht wissen, was sie wollen, bis man ihnen eine Lösung zeigt. Es ist also kein leichtes Unterfangen, aus Sicht der Kunden zu denken, weil Kunden sich in der Tat Lösungen oftmals nicht vorstellen können. Ein Beispiel: In einer Diskussion mit Experten verteidigte Steve Jobs die „fehlenden“ Anschlüsse an einem iPhone. Aus dem Publikum kam die Forderung: „Wir müssen unsere Daten übertragen, also brauchen wir einen USB-Stecker.“ Steve Jobs entgegnete: „Nein, du willst kein Kabel“ und der Experte: „doch, ich brauche ein Kabel.“ Er gab einfach nicht auf und er verstand auch nicht, bis Steve sagte: „Du willst Deine Photos auch auf anderen Geräten, aber die Lösung ist nicht das Kabel. Wie magisch willst du sie einfach auch auf anderen Geräten.“

Unsere Sicht heute

Aus heutiger Sicht ist jedem sofort klar, das Photos, wie auch viele andere Daten über die Cloud zu allen gewünschten Geräte synchronisiert werden oder zumindest auf Anfrage zugänglich sind. Wer will heute noch ein Kabel? Menschen wollen schnelle Verbindungen, aber keine Kabel. Wenn die Lösung da ist, scheint es soooooo einfach. Wir blicken meistens aus der Brille des heute möglichen und lassen uns dadurch limitieren. Wer bessere Lösungen entwickeln möchte und damit sind nicht immer Produkte gemeint, der muss halt einfach mal zehn Jahre weiter denken.

Die Wurzeln von Design Thinking bei Apple

Das wussten Sie nicht, richtig? Alle denken, dass Design Thinking von IDEO kommt, aus den frühen Neunzigern, von Larry Leifer und Terry Winograd. Stimmt schon, aber die Wurzeln reichen zurück in die frühen Achtziger. Es Begann 1981 mit der Entwicklung des Apple Macintosh. Die dort praktizierten Prinzipien gelten bis heute und sind erfolgreich, wenn sie als Methode adaptiert und darüber hinaus dem DNA-Kern nach gelebt werden.

Das Apple Macintosh Team als erster Design Thinking Inkubator

Es ist richtig, dass IDEO als erster die Methode verkauft hat (seit 1991), aber bereits zehn Jahre vorher hat Steve Jobs mit seinem Team die Design Thinking Prinzipien gelebt und die Basis für die weltweit erfolgreichste Firma geschaffen – Apple. Nur mal zum Vergleich: Umsatz mehr als 250 Prozent von Microsoft in 2017 und mehr als 200 Prozent Profit im Vergleich zu Microsoft im selben Jahr und das als Nischenanbieter. Bevor ich darauf eingehe, einige Worte von Andy Herzfeld, einem der führenden Softwareentwickler in Steve Jobs Macintosh Team und einem der herausragendsten Software-Entwickler der frühen Stunde.

Design Thinking Wurzeln liegen bei Apple

„The original Macintosh was designed by a small team that worked long hours with a passionate, almost messianic fervor, inculcated by our leader, Steve Jobs, and the excitement that we felt during its creation shines through in the finished product. (…)

We were excited because we thought we had a chance to do something extraordinary. Most technology development is incremental, but every once in a while there’s an opportunity to make a quantum leap to a whole new level. (…)

Most commercial projects are driven by commercial values, where the goal is to maximize profits by outperforming your competition. In contrast, the Macintosh was driven more by artistic values, oblivious to competition, where the goal was to be transcendently brilliant and insanely great. (…)

Steve encouraged the Mac designers to think of ourselves as artists. In the spring of 1982, he took the entire Mac team on a field trip to a Louis Comfort Tiffany exhibition in San Francisco, because Tiffany was an artist who was able to mass produce his work, as we aspired to do. (…)

Other groups at Apple had an elaborate formal product development process, mandating lengthy product requirement documents and engineering specifications before implementation commenced. In contrast, the Mac team favored a more creative, flexible, incremental approach of successively refining prototypes. (…)

Mentalität – Spirit – Regelbruch – Nonkonformität

Ich glaube, das reicht erst mal. Es liegt auf der Hand, wer als erstes Team Design Thinking praktizierte. Apple verrät allerdings bis heute nicht, wie sie ihre genialen Produkte und Services designen. Man muss schon solche Quellen bemühen und tief in die Recherche einsteigen. Andere haben die Methode verkauft und das ist auch gut so, aber wer wirklich verstehen will, was Design Thinking ist, legt sein Lehrbuch beiseite und fängt an bei Apple bis zu den echten Wurzeln zu forschen. Den gesamten Beitrag von Herzfeld gibt es hier als PDF: The Macintosh Spirit

Es gibt einige Bücher aus der frühen Zeit von Apple, die tatsächlich nicht mehr verfügbar sind. Ich werde in Zukunft immer wieder daraus berichten und Möglichkeiten aufzeigen, wie dieser Spirit heute in Design Thinking-Projekten umgesetzt werden kann. Es gibt viele Best Practices zu Design Thinking, doch Apple überstrahlt sie alle, gemessen am Erfolg der Methode.

Schwachstelle im Design Thinking

Alle reden davon, wie toll und produktiv Design Thinking ist, doch Achtung! Diese Methode hat auch einige gravierende Schwachstellen. Am „Apple Best Practice“ können wir diese identifizieren. Morgen mehr dazu.