„Dienen ist der Markenkern (…)“

Dieser Satz unserer Bundeskanzlerin auf dem CDU-Parteitag hat gesessen. An dieser Stelle hielt ich inne, reflektierte und kam nicht drum herum über diesen Wert nachzudenken. Dienen als Markenkern? Was für ein Kontrastprogramm in Zeiten, in denen Unternehmen innovativer, mutiger, weltverändernder und am liebsten einen Zahn ins Universum schlagend austeilen, was für Wohltäter der Menschheit sie alle miteinander sind. Aber dienen?

Dienen als Einstellung

In Zeiten der Digitalisierung unserer Gesellschaft gibt es allerhand Werte, die propagiert werden. Ganz vorne mit dabei sind Unternehmen. Lassen wir das mal einen Moment wirken. Stellen wir uns vor, dass die uns bekannten Unternehmen im Kern ihrer Bestrebungen diese dienende Einstellung gegenüber Kunden haben. Technologie nicht als Produktivitätstreiber, sondern als Instrument, um den Menschen zu dienen. Den Kunden, den Mitarbeitern/innen und auch den Partnern im Markt. Ganz ehrlich, habe Sie schon mal einen Vertriebsleiter sagen gehört, auf welches Team er sein Augenmerk besonders richtet, weil es den Kunden am besten gedient hat? Nicht wirklich, oder?

Wer kann dienen?

Heute verbinden wir dienen vielleicht als eine niedere Einordnung im gesellschaftlichen Gefüge, doch wie wäre es, wenn Autos so konzipiert werden, dass sie nicht nur Kunden, sondern der Gesellschaft als ganzes dienen? Wie wäre es, wenn medizinische Produkte zum Dienst an kranken vermarktet werden? Telekommunikation als Dienst der zwischenmenschlichen Interaktion? Und überhaupt, „Wer der größte unter euch sein will, sei euer aller Diener.“ Uiuiui, was für eine Ansage!

Dienen als Kern der Digitalisierung

Maschinen, Software, Geräte, Künstliche Intelligenz, alles dient einem einzigen Ziel – Das Leben für Menschen besser zu machen. Wie auch immer. Ob durch Produktivitätsgewinn, Beschleunigung, Zugang oder auch durch die komplette Übertragung von Aufgaben auf Maschinen. Wir haben seit jeher Werkzeuge entwickelt mit dem Ziel, unser Leben besser zu machen.

Wer dient den Menschen in der digitalen Transformation?

Eine sehr einfache Frage. Vielleicht verstehen wir Kaufleute die Frage besser, wenn sie in unserer Sprache ausgedrückt wird: „Wie hoch ist der relative Anteil am Budget unserer digitalen Initiativen, mit denen wir in Menschen investieren?“ Diese Zahl gibt Aufschluss über unsere wahren Motive. Prüfen Sie mal die wortgewaltigen Hülsen von den Propheten der Digitalisierung und fühlen Sie den Leuten auf den Zahn:

Wie viel Geld genau fließt in Menschen und wie viel in Maschinen?

Wenn die Investition in Menschen in einer vergleichenden Balken- oder Tortengrafik verschwindet, liegt auf der Hand, in wen oder was investiert wird und welchen Stellenwert die Menschen dabei möglicherweise einnehmen.

Fasten Digital – Macht das Sinn?

Nach Karneval üben sich viele Menschen im Verzicht. Süßigkeiten, Alkohol oder Fleisch werden reduziert oder sogar ganz weg gelassen. Hintergrund: „Zu viel Konsum“ mit weniger Konsum ausgleichen, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Fasten bedeutet auf etwas zu verzichten. Geht das auch digital und wenn ja, warum eigentlich?

Zurück zu den Wurzeln

Heute kennen wir das Fasten als Verzicht auf Dinge, die möglicherweise im Überfluss genossen unerwünschte Nebenwirkungen hatten. Als Gegenreaktion lässt man sie komplett weg in der Hoffnung, wieder in eine gesunde Laufbahn zu kommen. Fasten ist jedoch schon tausende von Jahren alt. Damals  fastete bereits Jesus in der Wüste. Allerdings hatte das nichts mit Konsum zu tun. Er verzichtete auf Nahrung, weil es ihm um eine geistliche Dimension ging. Damit gelang es ihm, den Fokus auf Gott zu richten, weg von dem hier und jetzt, weg von irdischen Dingen. Das besondere daran war aber eigentlich nicht nur die Abwesenheit von Nahrung, sondern auch der Ausgleich. Was können wir daraus lernen?

Digitaler Verzicht – unmöglich?

Schon bei Jesus war Fasten nicht darin begründet, etwas wegzulassen, vielmehr wurde es ausgetauscht. Heute versuchen sich viele Menschen im Heilfasten, indem sie etwas weglassen. Dem Ursprung nach, macht das aber keinen Sinn. Es geht nicht nur um Verzicht, sondern darum, den Fokus neu auszurichten. Den Schwerpunkt anders zu  legen. So gesehen, macht es Sinn, jetzt die Frage nach dem digitalen Fasten zu stellen. Es geht eben nicht darum, nur etwas weg zu lassen, sondern es auszutauschen. Weg mit dem ungesunden, weg mit den Dingen, die beschweren und belasten und her mit etwas, das gut für uns ist. Quasi im Austausch.

Warum digitales Fasten?

Vermutlich hat hier jeder seinen ganz eigenen Ansatz. Möglicherweise sind wir gehetzt durch die ständige digitale To-do-Liste. Vielleicht haben wir einfach keine innere Ruhe mehr, weil ständig irgend ein Ping aus einem X-beliebigen Netzwerk auf uns einschlägt. Meistens komplett irrelevant, unwichtig und wertlos, aber wir wollen ja nichts verpassen. Immer halten wir unser Gehirn auf Spannung. Kontinuierlich lassen wir uns durch Glückshormone treiben, die dadurch ausgeschüttet werden, indem wir schon wieder etwas neues lesen oder selber dazu getrieben sind, ständig der Welt da draußen zu zeigen, wie wichtig wir sind. Also wieder ein Foto, noch ein Post und wenn uns nichts mehr einfällt, penetrieren wir gewaltsam das berufliche Social Media Netzwerk mit einen Spruch von irgend einer Persönlichkeit, um nur irgendwie Aufmerksamkeit zu erhalten. Wollen wir wirklich so sein? Ist es das, was wir wollen? Aufmerksamkeit um jeden Preis?

Beispiele für digitales Fasten

Es macht keinen Sinn, sein Smartphone zu bannen und sich selber von der Welt abzuschneiden. Beruflich eingebunden ist das auch nicht mehr möglich. Unsere Projekte hängen schon lange in der Cloud, unsere Kundenbeziehungen sind auch von der Wolke über uns abhängig. Bricht die zusammen, geht eh nichts mehr. Was also wäre vernünftig? Wo macht es Sinn, den Fokus neu zu legen? Nicht nur weg lassen, sondern neu ausrichten.

  • Mal Samstags den Spiegel als Print lesen, in aller Ruhe und keine „News“ auf der App
  • Beim Essen mit Freunden unbedingt das Smartphone komplett ausschalten
  • … und erst recht keine Fotos von Essen oder Location machen
  • Zum Frühstück mal auf ein Blatt Papier schreiben, was heute wirklich wichtig ist. Strichpunkte
  • Im Auto mal entspannt einen Podcast hören, ein Buch oder so, statt immer zu telefonieren
  • Das Smartphone zur Nachtruhe auch wirklich in die Nachtruhe schicken. Komplett weg
  • Nicht als letzten vor dem schlafen gehen auf das Handy sehen (wie wäre ein echtes Buch?)
  • Nicht als erstes nach dem aufstehen auf das Handy sehen
  • Am Airport bewusst keine Nachrichten checken, sondern einfach mal einen leckeren Kaffee trinken und nachdenken, vielleicht sogar mal vor denken
  • Überhaupt: Mal nachdenken, ohne direkt zu einem Gerät zu greifen. Ideen wirken lassen
  • Wiederbelebung von Stift und Zettel, einfach nur deshalb, um sich selber etwas Gutes zu tun, visuell Ideen entwickeln
  • Grundsätzlich mehr erfahren und erleben als teilen. Weniger teilen, mehr erleben
  • Dinge ganz alleine privat für sich genießen und nicht teilen

Was sind Ihre Ideen?

Was sind Ihre Ideen? Schreiben Sie doch einen Kommentar, womit Sie gute Erfahrungen gemacht haben. Wie können Sie wieder etwas mehr Laufruhe herstellen? Nehmen Sie Ihr Leben wieder etwas mehr in die Hand und legen Sie das Gerät mal etwas beiseite, dass Sie den ganzen Tag scheinbar in Beschlag nimmt. Ist gar nicht so schwer … digitales Fasten.

Bis später dann

Ich versuche es auch mal bei mir selbst und bringe den nächsten Beitrag erst nächste Woche. Einfach nur, um diese Zeit anders und analog zu verwenden. Zumindest nehme ich mir das vor. Mal sehen, was daraus wird. Bis später …

Kurs-Crash vorbei – Kursrally erwartet

Die Artikel zur aktuellen Entwicklung an den Wertpapierbörsen sind vor allem eins – orientierungslos, ein Fähnchen im Wind und immer nur erklärend, warum dies und das passiert ist. Fast so, wie mit der Sau, die derzeit durch’s Dorf getrieben wird: Digitalisierung als Heilsbringer der Produktivität oder Arbeitsplatzvernichter. Was denn nun?

Fluch und Segen der Digitalisierung

Berater werden Ihnen nur eine Richtung empfehlen: Alles rausholen, was möglich ist. Digitalisieren Sie alles. Vernetzen, beschleunigen und ab in die Cloud, so weit der Blick auch nur reicht. Kritische Stimmen? Fehlanzeige. Sie werden mit Studien zugeschmissen, die belegen, dass die Digitalisierung unausweichlich und quasi zwangsverpflichtend ist. Wirklich? Ist das so?

Faktor Mensch

Denken wir mal nach. Ganz einfach. Kurz mal stehen bleiben. Die ganze Nummer mit der Digitalisierung hat doch nur ein einziges Ziel – Die Erfahrungen von Menschen sollen besser werden. Meinetwegen nennen wir es Customer Journey, Kundenerfahrung oder auch Customer Experience. Fakt ist: Der Mensch steht im Zentrum der ganzen Bemühungen. Wenn dem so ist, können wir auch eine einfache Frage beantworten: Wie viel Prozent des Innovationsbudgets fließt in die Menschen? Wie lautet das Programm für digitale Transformation bei den Mitarbeitern? Welche Scrum-Runden gibt es dazu? Wie viele Berater sind damit beauftragt? Einfache Fragen und ich vermute, dass jetzt sofort die Verteidigungskanonen der Rechtfertigung aufgefahren werden, warum das eben nicht der Fall ist und warum in „Change“ nur Mini-Budgets einfließen.

Kunden sind Menschen – Mitarbeiter auch

Fakt ist, wie machen das alles für Menschen, denn unsere Kunden sind keine Maschinen. Unsere Kunden sind Menschen. Wir sollten auch unsere Mitarbeiter als wertvollste Investition betrachten. Wenn dem so ist, spiegelt sich das in den Investitionen wieder. Wenn jedoch alles für Plattformintegration drauf geht, läuft gewaltig was schief! Das muss geändert werden, denn nur so ist Digitalisierung auch wirklich nachhaltig wirksam in der Entfaltung von Produktivität.

Gegensteuern und Zukunft sichern

Ein Tool nach dem Anderen und ein Feature nach dem Nächsten ohne entsprechende Investments in den wichtigen Faktor Mensch wird am Ziel vorbei führen. Recht sicher sogar. Lassen Sie das nicht zu. Steuern Sie dagegen, denn die Welle wird früher oder später alle treffen und wer nicht vorbereitet ist, bringt den ganzen Kahn in Gefahr zum Kentern. Das gilt es zu verhindern.