Einigkeit und Recht und Freiheit

… und das digital? Was hat die aktuelle politische Debatte mit Digitalisierung zu tun? Können wir einfach weitermachen, als wäre nichts geschehen und mit Scheuklappen einfach unsere Arbeit tun? Heute debattierte der Bundestag, beginnend mit dem Oppositionsführer AFD. In gewohnter Weise hinterließ die AFD nur eine Spur – Spaltung, Aggression und die Gesellschaft besteht nach deren Meinung nur aus einem einzigen Thema. Keine Antworten zu Rente, Bildung, Infrastruktur, Digitalisierung, globale Sicherung, Wachstum, Wirtschaft. Null Komma nichts! Die AFD hat heute bewiesen, dass sie eigentlich gar kein Programm hat für uns Bürger, dafür Hetze, Hass und Spaltung. Alles Faktoren für einen wirtschaftlichen Abstieg. Die AFD steht für Rückschritt.

Einheit und Recht und Freiheit … digital!

Die Bundeskanzlerin dagegen hat über das gesprochen, was uns als Gesellschaft nach vorne bringt. Einigkeit, Recht und Freiheit. Einigkeit zwischen Deutschen, Europäern und Menschen, die wegen Bombardements bei uns in Deutschland Hilfe und Zuflucht suchen. Menschen, die ansonsten verhungern oder ermordet werden. Offenbar ist das etwas aus dem Fokus gerückt. Es geht um menschliche Schicksale.

Ein Faktum gehört in den Fokus, was die Digitalisierung betrifft. Wirtschaftlich brauchen wir eine internationale Zusammenarbeit und mehr noch, wir brauchen Menschen aus anderen Ländern, die zu uns kommen, um das Wachstum aufrecht zu erhalten. Denn wir haben hier zu wenig Fachkräfte in Deutschland. Aber unabhängig davon geht es nicht immer nur um Geld und Wachstum. Es geht auch um Menschlichkeit und diese ist in unserem Grundgesetz verankert. Die Bundeskanzlerin brachte es sehr gut auf den Punkt: Christen, Muslime, Atheisten, Juden, … alle gehören zu uns und unserer Demokratie. Das ist ein Ansatz zur Einigung. Trotz unterschiedlicher Weltanschauungen benötigen wir Einheit in diesem Land.

Digitalisierung hebt Grenzen auf. Wir sprechen von Cloud-Business und genau das ist die Grundlage für eine internationale grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Wer abgrenzt, behindert Wachstum, Zukunft und Freiheit in unserer Demokratie.

Wir, Menschen und Wirtschaftssubjekte, benötigen Einheit, Recht und Freiheit zur Gestaltung einer aussichtsreichen und friedlichen Zukunft. Frieden ist für uns in diesem Land zu so einer Selbstverständlichkeit geworden, dass es offenbar etwas aus dem Fokus gerückt ist, aber wenn wir nicht aufpassen, kann diese Sicherheit schnell verloren gehen. Frieden war der Grundstein für ein geeintes Europa. Es geht nicht immer nur um Geld und wirtschaftliches Wachstum.

Auf den Punkt gebracht

  • Einigkeit – Multikulturelle Unternehmen mit Menschen unterschiedlicher Herkunft
  • Recht – International ausgerichtete Verträge zur Gestaltung einer digitalen Welt
  • Freiheit – Grenzfreier Wirtschafts- und Warenverkehr, auch für digitale Datenströme, für Menschen sowieso

Verlässlichkeit im Umbruch – Geht das?

Christian Sewing, Chef der Deutschen Bank spricht auf der Handelsblatt Tagung davon, dass die vor uns liegenden Umbrüche alles in den Schatten stellen werden. Er Berichtet, wie so ziemlich alle von dem Erfolgsmodell Apple und darüber, wie der einst starke Marktführer NOKIA sich quasi in Luft auflöste. Damit leitete er ein, wieso wir in Deutschland zumindest eine große international ausgerichtete Bank brauchen. Na klar, die Deutsche Bank. So weit so gut. In der Fragerunde kommt wie es kommen muss. Es wird die Frage nach Innovationskraft in der IT gestellt und hier zeigt Sewing, dass ihm die Auswirkungen der technologischen Entwicklungen, die durch Kundenanforderungen getrieben werden, noch nicht so ganz klar sind (meine ich erst mal).

Verlässlichkeit ist wichtig – wirklich?

„Eins ist ganz wichtig, die Verlässlichkeit der Systeme (…) parallel dazu müssen wir sie noch schneller (…) machen“, so Sewing. Hier in Deutschland könnte es sein, dass erst mal alle brav nicken. Leider ist das heute nicht mehr das wichtigste und ich will am Beispiel Siemens zeigen, warum diese Annahme vollständig verkehrt ist.

Bei Siemens Communications war Verlässlichkeit das wichtigste

Direkt vorweg, Siemens COM existiert nicht mehr und die Reste hat ein Investor aufgesammelt. Seit 2005 habe ich Siemens in diesem Umfeld beraten. Unter anderem war die Verlässlichkeit von großen PBX-Anlagen für etwa 100.000 Anwender im Fokus. Teure Preise, komplexe Integrationsprojekte und zahlreiche Features wurden höher bewertet, als der Komfort einer virtuellen Lösung. Das Hauptargument war Verlässlichkeit. Konkret: „Wer will schon eine Telefonanlage, bei dem die Leute aus den Konferenzschaltungen raus fliegen. Dafür bezahlen die Kunden“, so die Ingenieure bei Siemens mir gegenüber. Ich habe dagegen gehalten und geraten, das komplette Modell zu Ändern, weil Kunden mit weniger Verlässlichkeit zufrieden sind, wenn die Lösung insgesamt günstiger, schneller und vor allem komfortabler ist. Lange Rede, kurzer Sinn. Siemens hat den Knall nicht gehört und durfte zu guter letzt die gesamte Sparte einstampfen. Nun gut, verkauft für 1 EUR an Alec Gores. Ende der Geschichte.

Verlässlichkeit ist nicht mehr das wichtigste – Auch bei Banken

Verlässlichkeit der IT Systeme ist nicht das strategische Kriterium für zukünftigen Erfolg. Das Kernkriterium ist Anwenderfreundlichkeit. Sowohl für Kunden, als auch für Akteure innerhalb der Leistungsorganisationen. Wer heute sehr verlässliche, sehr gut integrierte Systeme, mit einem stabilen Kern entwickelt, tut gut daran, aber die zentrale Frage ist: WO? Welche Systeme?

System ist nicht System!

Im Backend ist Verlässlichkeit nach wie vor Trumpf, aber keinesfalls gilt dies für Plattformen und Systeme zur Marktbearbeitung. An der Kundenschnittstelle, den Funktionsbereichen Marketing, Vertrieb und  Service ist coolnes, Einfachheit und Anwenderfreundlichkeit der entscheidende Erfolgsfaktor.

Herr Sewing hat Recht, was die Backend-Systeme betrifft, aber leider hat er komplett unrecht, was die Systeme zur Marktbearbeitung betreffen. Er hat richtig analysiert, dass die vor uns stehenden Umbrüche (insbesondere im Bankensektor) alles bisherige in den Schatten stellen werden und die Analyse muss hier differenziert weiter geführt werden, denn Erfolg in der Marktbearbeitung wird eben in Zukunft stärker durch Anwenderfreundlichkeit, als durch Verlässlichkeit geprägt werden.

Ich schreibe das, weil ich diese Diskussion schon seit 20 Jahren bei großen Unternehmen führe. Erfreulicher Weise konnte ich aber auch schon oft und nach vielen Projekten beobachten, wie der Ansatz der Anwenderfreundlichkeit (für Kunden und Mitarbeiter) zum Ziel führte. Mein Buch zu diesem Thema (festhalten, aus dem Jahr 2002) wurde von den Vice Präsidenten meines damaligen Arbeitgebers Ernst & Young wie folgt bewertet:

„Harry, das ist alles richtig, aber der Markt wird frühestens in 10 Jahren dafür reif sein. Das versteht heute noch keiner“.

Das war 2002. Eigentlich müsste der Reifungsprozess fortgeschritten und das Verständnis vorhanden sein.

Standards prägen Disruption und sichern Innovationskraft

Moment mal, entweder Standardisierung oder Disruption. Aber wie in aller Welt sollen Standards denn die Disruption prägen?  Eigentlich ganz einfach, denn nur mit Standardisierungen sind disruptive Erfolge möglich. Best Practice Beispiel Apple: Das iPhone ist alles andere als individuell. Zumindest in der Hardwarelösung. Standards prägen in Summe das derzeit erfolgreichste und nachhaltigste Geschäftsmodell von Apple. Standards bei Macs. Standards bei iPhones und iPads. Standards im Apple Shop und Standards in den Serviceprozessen. Ganz zu schweigen von der standardisierten Produktion zur Fertigung von Massenprodukten. Die Individualisierung kommt mit den Apps, aber genau die sind ja nicht von Apple.

Apple als Vorbild für CRM-Plattformen

Wer heute Kundenerfahrungen auf exzellentem und stets innovativem Niveau gestalten möchte, muss mit Standards arbeiten. Das ist keine Option, sondern Pflicht. Diese Standards werden von Plattformen wie Salesforce oder Microsoft Dynamics 365 für die Marktbearbeitung geliefert. Die Individualisierungen sind auch hier quasi mit Apps möglich. Aber Vorsicht ist geboten, denn die Vorteile der Standardisierung überwiegen und liefern messbare Werte, sichern Investments und garantieren den Erfolg bei Anwendern und Kunden gleichsam. Ein Paar Beispiele für die Vorteile

Vorteil 1 – Mengenvorteil

Wer standardisiert, kann einen höheren Output erzeugen. Das gilt nicht nur für die Produktion, sondern erst Recht in Marketing, Vertrieb und Service. Das Rechenmodell ist recht einfach. Wer mehr Kunden bearbeiten kann, wird mehr Umsatz erzeugen. Ergo auch Gewinn aus der Zunahme der Mengen.

Vorteil 2 – Preisvorteil

Wer standardisiert, kann bessere Preise anbieten. Je standardisierter Prozesse beispielsweise in Marketing und Vertrieb ablaufen können, desto günstiger ist die Marktbearbeitung und das kann am Ende des Tages entweder an Kunden weiter gegeben werden oder der EBIT verbessert sich. Im Besten Fall sogar beides.

Vorteil 3 – Zeitvorteil

Wer den Markt standardisiert bearbeitet, ist schneller. Kunden schätzen Geschwindigkeit heute über alles. Wer schnell liefern kann, hat ganz klar einen Vorteil. Das Beginn schon im Vertrieb und im Beweis darin, wie schnell der vertrieb arbeiten kann. Das freut Kunden und vor allem auch den Vertrieb selbst, denn wer hat die Arbeit nicht gerne schnell vom Tisch?

Vorteil 4 – Lerngeschwindigkeit

Leistungsorganisationen mit standardisierten Lösungen können diese auch schneller vermitteln. Je individueller Prozesse und Applikationen sind, desto häufiger werden Sätze wie „Wenn …“ oder „Im speziellen Fall …“ verwendet und das bremst alle Mitarbeiter in der Leistungsorganisation aus. Es ist ein Kennzeichen für Komplexität, Individualität und damit eine Bremse in Lernprozessen. Diese prägen jedoch das Bild, denn Innovationen sind der Stoff, aus dem der Erfolg gemacht wird. Wer hier zu stark individualisiert, bremst sein eigenes Innovationstempo aus.

Vorteil 5 – Stückkosten

Bitte mal festhalten, denn auch im Vertrieb existieren Stückkosten. Was kostet ein Stück Vertrag? Was kostet ein Stück Kundengespräch bis zur Bestellung? Wer standardisiert, senkt seine Vertriebsstückkosten. Dazu sind Standard-Plattformen notwendig.

Vorteil 6 – Einheitliche Außendarstellung

Es soll vorkommen, dass Mitarbeiter im Vertrieb rotieren, neue Kollegen/innen kommen dazu und andere gehen woanders hin. Je besser die Standards, desto schneller können diese von den Mitarbeitern übernommen werden. In der Außendarstellung wird ein Unternehmen konsistenter und damit auch erfolgreicher.

Vorteil 7 – Bessere Ressourcenverfügbarkeit

Wer standardisierte CRM Plattformen implementiert, wird sich immer unabhängiger am Markt bewegen können, als ein unternehmen, dass sie für Speziallösungen entschieden hat. Ressourcen für „große“ Lösungen stehen immer zur Verfügung. Man ist unabhängiger von Integratoren und auch in der Servicierung.

Vorteil 8 – Reduktion der IT-Komplexität

Standardisierte Lösungen können tendenziell architektonisch besser in eine bestehende Landschaft integriert werden, als individuelle Lösungen. Die Vorteile werden bei Release-Wechsel immer deutlicher. Man kann auch sagen: „Je mehr Cloud in der Lösung steckt, desto einfacher wird es.“

Ich könnte mit der Aufzählung von Vorteilen immer weiter machen. Sogar wissenschaftlich kann man das begründen, wie beispielsweise mit dem Transaktionskostenansatz aus der Handelswissenschaft (BWL). Doch diese kleine Aufzählung soll erst mal genügen.