Customer Journey als Ultima Ratio?

„Der Kunde steht im Zentrum“, ist ein Leitspruch der CRM-Ära. Haben Sie auch das Gefühl, dass es sich dabei um eine einseitige und unvollständige Betrachtung handelt? Steht der Kunde wirklich im Zentrum? Hat uns dieses Konzept wirklich mehr Erfolg eingebracht? Wenn Sie sich diese Fragen stellen, so sind Sie nicht allein.

Kundenorientierung als Irrpfad?

Allen aufmerksamen Entscheidern ist die absolute Kundenorientierung suspekt geworden, weil sie offensichtlich wichtige Aspekte in der Wertschöpfung von Unternehmen unberücksichtigt lässt. Natürlich sind es die Kunden, die den Erfolg eines Unternehmens sichern, indem sie Produkte und Services kaufen. Richtig ist aber auch, dass es einen Weg zum Kunden gibt, in dem Partner und Mitarbeiter eine sehr wichtige Rolle spielen. CRM ist mittlerweile trotz aller Warnrufe so technologielastig geworden, dass man sich nicht gegen den Eindruck wehren kann, als liefe alles völlig automatisch über Call Center, Vertriebstechnologie und sonstige spezielle Formen von Service Centern, die alle Anliegen von Kunden wie von Geisterhand aufnehmen und irgendwie in einem komplexen Prozess verarbeiten. Das entspricht leider nicht der Realität. Haben Sie auch bemerkt, dass wir in diesem Land besseren Service erhalten als vor fünf Jahren? Dabei fällt beispielsweise auf, dass sich die Verbesserung in erster Linie auf automatische Prozesse konzentriert, aber die direkten Ansprechpartner für Kunden nicht unbedingt vom uneingeschränkten Servicedenken geprägt sind. Dieses Phänomen tritt in verschiedenen Branchen auf. Die Ursache liegt in der Umsetzung einer einseitigen Betrachtungsweise, die den Kunden ins Zentrum der Überlegungen stellt.

Was kann dagegen unternommen werden? Wie schafft es ein Unternehmen, den Bedürfnissen aller Beteiligten zu entsprechen und eine hohe Zufriedenheit bei Kunden, Mitarbeitern und Partnern gleichzeitig zu erzeugen? 

Customer Journey Management neu gestaltet

Die Customer Journey kann nur dann erfolgreich gestaltet werden, wenn Kunden-, Mitarbeiter- und Partnerorientierung gemeinsam gestaltet werden, um eine bessere Wertschöpfung für alle Beteiligten zu erreichen.

Dabei ist der EBIT Ergebnis und nicht Ziel.

From thought to finish

Marketing, Vertrieb und Service sind stets im Wandel und man könnte meinen, dass eigentlich alles erfunden sei, um Kunden zu gewinnen und zu binden. Weit gefehlt, denn die Innovationen in diesem Gebiet sorgen nach wie vor für so viel Veränderung, wie sie bei Paradigmenwechsel überhaupt nur auftreten können.

Am Anfang steht die Idee

Auf der Strategieseite wird alles von rechts nach links umgekrempelt, indem die strategische Gestaltung durch Customer Journey Management dominiert wird. Das hat einen massiven Impact auf die Prozessgestaltung. Eigentlich muss hier alles neu gestaltet werden. Und wer es richtig macht, bezieht die Kunden mit ein. Nicht nur als Denkhaltung. Ich meine wirklich. Wer CJM ernst nimmt, hat Kunden in den Workshops sitzen. Alles andere sind Pirouetten im Elfenbeinturm.

Bis zur Implementierung

Gutes Geschäftsprozessdesign in Funktionsleistungsbereichen der Marktbearbeitung basiert auf zukunftsfähigen cloudbasierten Plattformen.

Sorry für diese kryptische Formulierung, aber so ist das halt. Auswahl und Anforderungsaufnahme läuft heute glücklicherweise über den Fachbereich. Auch die IT ist ganz froh darüber, denn nur so ist sichergestellt, dass der Fachbereich auch das bekommt, was er wirklich will.

… und sogar nach der Implementierung …

ist man noch lange nicht am Ende, quasi der Finish. Man könnte meinen, dass irgendwann Ruhe in die ganze Sache kommt und der operative Betrieb so abgewickelt werden kann, wie es zu Großvaters Zeiten mal war. Tja, diese Zeiten sind leider vorbei und das einzige Merkmal, in dem Stabilität liegt, ist die stete Anpassung an Kundenanforderungen. Ein niemals endendes Rad. Entscheider tun also gut daran und vereinfachen sich das eigene Leben, wenn sie Closed Loop Verankerungsmaßnahmen von Beginn an direkt mit implementieren. Ist ja heute kein Problem mehr mit agilen Methoden.

Eigentlich.

Menschliche Digitalisierung

Ziel der Digitalisierung ist mehr Zeit für uns Menschen, ein einfacheres Leben oder betriebswirtschaftlich mehr Zeit für Kunden. Doch was passiert wirklich? Oftmals das Gegenteil. Je mehr Technik wir in unserem Alltag haben, desto unmenschlicher wird vieles. Digitale Informationen auf Bildschirmen nehmen zu. Gespräche mit Menschen nehmen ab.

Das Experiment

Bei strahlendem Sonnenschein ging ich am Wochenende laufen. Ich sah stets in grübelnde Gesichter entgegenkommender Menschen, oftmals den Blick auf ein Smartphone gerichtet. Also entschloss ich mich zu einem Experiment, sah die Menschen mit gezieltem Blick an, lächelte breit und grüßte lauthals. Es geschah etwas eigenartiges. Die Menschen blickten auf, lächelten und grüßten.

Ich variierte die Begrüßung von „Hallo“ über „Guten Tag“ zu „einen wunderschönen guten Tag“ bis hin zu „Einen schönen guten Tag die Herrschaften“. Interessanter Weise schallte es quasi immer so aus dem Wald heraus, wie ich hinein rief. Wenn ich den Blick nicht fest auf mein Gegenüber im Vorbeilaufen fixierte, antworteten die Menschen auch nicht oder nur mit „Hmmmmm“. Also entschloss ich mich, schnell entgegen kommende Radfahrer anzulachen und von etwas weiter auch schon zu winken. Das Resultat – Immer ein Spiegelbild meines Verhaltens. Dann lief ich wieder stumm an den Menschen vorbei. Die Reaktion wie erwartet: Nichts.

Erkenntnisse für die Customer Journey

Je mehr direkten Kontakt wir mit Menschen haben, desto eher können wir deren Selbstwert aufbauen und ihnen Wertschätzung entgegen bringen. Maschinen sind schnell. Maschinen können Prozesskosten reduzieren und auch Fälle schnell lösen. Doch bei einer Sache sind Maschinen einfach noch nicht gut – In einer freundlichen Weise Wertschätzung vermitteln. Es kommt also auch darauf an, ob es nur um eine effiziente Abwicklung geht, oder ob wir „Moment that Matters“ erzeugen können.

FAZIT

Es kommt immer auf die Wenn-Bedingung an. Wollen Kunden eine schnelle Abwicklung, können Maschinen und CRM-Plattformen hervorragend unterstützen. Kommt es dagegen darauf an, einen Kunden mal wirklich abzuholen, dann ist der menschliche Kontakt kaum ersetzbar. Und ist das nicht Ziel der ganzen Übung? Mehr Zeit für Kunden? Mehr Zeit für Menschen? Mehr Menschlichkeit? Das Thema Effizienz in der Kundenbeziehung wird in naher Zukunft von vielen Unternehmen beherrscht, den CRM-Plattformen sei dank. Dann kommt es darauf an, wo die Qualität der Beziehung besser realisiert wird.

Ein Investment in die eigenen Mitarbeiter im Rahmen der digitalen Transformation wird sich am Ende genau so auszahlen, wie die Investition in Software. Wettbewerbsvorteile werden dort realisiert, wo tatsächlich ein Vorsprung existiert und der Faktor Mensch könnte in der Tat das i-Tüpfelchen sein.

Einen wunderschönen guten Tag wünsche ich noch.