Change Management 4

Wenn Menschen eine neue Rolle übernehmen, überlegen sie sich, ob das Ergebnis auch gut ist. Dazu vergleichen sie grundsätzlich, was es kostet, die Rolle zu erlangen und auch zu behalten und welche Erträge sie bringt. Erst wenn Alternativen zur Verfügung stehen, kommen Überlegungen auf, wann man eine Rolle wechselt, was der Wechsel in Summe Kostet und ob dadurch die Erträge weiter gesteigert werden können. So machen das auch Anwender von Firmen-Plattformen, wenn es darum geht, eine Rolle auszuüben und beizubehalten oder eben auch nicht. Kurzum, ob der Change wirkt oder nicht. Lesen Sie hier, was dem zugrunde liegt.

Fundament 2 – Rollenbilanz

In Change Management 3 haben wir die Rollentheorie in ihren Kernelementen betrachtet. Jetzt betrachten wir die Elemente der Rollenbilanz und ihre praktischen Implikationen für das operative Change Management.

1. Normativer Druck

Wir halten den Fokus auf einer einfachen Frage: Wann übernimmt ein Mensch die Rolle als Anwender/User einer neuen Plattform oder eines neues Business-Systems/App? Klingt einfach, aber all zu oft, gibt es Verweigerungstendenzen, die es zu verhindern gibt, damit die neue Plattform auch wirklich zum fliegen kommt, also Kosten reduziert werden, Effizienzen und Ergebnisse gesteigert werden.

Ist der wahrgenommene normative Druck hoch, dann steigert das die Wahrscheinlichkeit, dass die gewünschte Rolle (User) auch tatsächlich ausgeübt wird. Wie können wir darauf mit Change-Instrumenten positiv einwirken? Früher ging das mit einem Newsletter und einer motivierenden Ansage der Führungskräfte. Menschen sind jedoch nicht dumm und beobachten genau, wie die Führungskräfte selber damit umgehen. Wenn die neue Plattform beispielsweise für wöchentliche Abstimmungen/Controlling/Steuerung nicht eingesetzt wird, sind die Worte der Führungskräfte Schall und Rauch. Es muss eine Art Verpflichtung geschaffen werden, indem alle mit der neuen Plattform arbeiten, inkl. Führungskräfte.

Das Verpflichtungspotenzial der einzelnen kann durch Kulturmerkmale gesteigert werden. Wenn es „usus“ war, weiter zu machen, was man will, sieht es schlecht aus mit dem Change. Erst eine Verpflichtungskultur, die durch Führungskräfte aktiv vorgelebt wird, steigert den tatsächlichen normativen Druck, dem dann eher nachgegeben wird. Richtig gelesen,

denn es geht beim Change Management nicht um „Kumbaya-Gesänge“ und sonstige Luft-Motivations-Nummern.

Nur wer etwas vorlebt, kann Einfluss geltend machen. Das sind harte Fakten, die Mitarbeiter ganz genau beobachten. Taten wiegen mehr als Worte. Dieses Instrument ist zu planen, zu steuern und auch zu controllen … bei und mit den Führungskräften. Zu den Mitarbeitern kommen wir später. Veränderung beginnt an der Spitze einer Leistungsorganisation.

2. Wahrgenommene Fähigkeiten

Wir nähern uns den Kosten vom Change Management, denn Befähigung kann in wunderbare Investitionsruinen führen. Heute sind digitale Lösungen in Form von Lern-Videos ganz oben auf der Agenda, weil sie so schon einfach und billig zu verwenden sind. Natürlich wird das alles mit vielen Vorteilen verkauft, worauf ich hier verzichte. Das ist alles bekannt. Fakt ist jedoch, dass Befähigung auch was mit Empowering zu tun hat und das funktioniert leider nur begrenzt am komplett isolierten Slebst-Lern-Bildschirm-Arbeitsplatz.

Menschen werden durch andere Menschen empowert, nicht durch ein Learning-Video.

Erst der Austuasch führt zum gewünschten Erfolg in Form von Motivation, Verankerung und echter Befähigung. Reflektion und Feed-back können nicht von Maschinen übernommen werden. Klar kann das System „versuch es noch einmal“ ausspucken, aber das ist eben totlangweilig und steril. Eine gute Grundlage, aber erst dann ein lebendiger Change, wenn Menschen beteiligt sind.

Fähigkeiten werden an bisherigen Rollenerfahrungen bewertet. Beispielsweise durch Schulungsmaßnahmen in der Vergangenheit. Waren diese schlecht, ist die Erwartung auch zukünftig Fähigkeiten erwerben zu können ebenso schlecht. Das Ergebnis – Auch schlecht! Dabei bewerten Menschen dies nicht nur an selbst gemachten Erfahrungen, sondern auch an Erfahrungen von Modellpersonen. Hier kann man sehr gute Ergebnisse mit neuen Methoden und Instrumenten erzeugen, weil Vergleichsniveaus fehlen und eine neue Offenheit erzeugt wird. Wer hier auf Gewohntes setzt, verspielt schon ganz zu Beginn viel Potenzial.

3. Rollenerträge und Rollenkosten

Die Nutzenargumente für die Einführung einer neuen digitalen Plattform zahlen auf das Konto der zu erwartenden Rollenerträge ein nach dem Motto: „Wenn ich die neue Plattform nutze, bringt mich das weiter und es macht mich erfolgreicher“. Doch wie sieht es aus, wenn erst mal gelernt werden muss, wie das alles funktioniert? Das sind Kosten, die die Rollenbilanz verschlechtern. Diese Kosten gilt es systematisch mit geeigneten Change Instrumenten zu reduzieren (und das sind keine Selbstlernvideos!).

Es geht darum, wie Menschen die neue Rolle selber gestalten können, wie sie sich damit identifizieren, wie attraktiv das alles ist und ob es Konfliktpotenzial in sich birgt. Die Kosten beziehen sich dabei auf Erwerb und auch auf Ausübung der Rolle „Anwender“. Wenn der Erwerb kostengünstig von statten geht, aber die Ausübung zu viele Kosten verursacht, dann ist der gut Change zu Beginn am Ende doch für die Katz.

Anwender werden immer versuchen, die Kosten niedrig und die Erträge hoch zu gestalten. Informations-, Trainings- und Empowering-Maßnahmen sind so zu gestalten, dass sie minimalinvasiv im Alltag integriert werden können, also wenig Kosten und Opportunitätskosten verursachen.

Ebenso sind Mechanismen einzubauen, indem Anwender ihre Erträge realisieren. Am besten gelingt das in kleinen Gruppen. Ohne Gruppen existieren keine gruppendynamischen Effekte oder aber die Effekte treten negativ zutage, wenn keine Gruppen konstituiert wurden. Denn auch ohne Change existieren die Gruppen, dann jedoch ungesteuert und hoch risikobehaftet. Die Gruppendynamik ist mit geeigneten Instrumenten abzusichern (Beispiel minimalinvaisve Fokusgruppen).

Change Management 2

Digitalisierung ist ohne Change Management nicht möglich. Logisch! Doch wie man es richtig macht, wissen nur die wenigsten. Worauf ist beim Start einer Change Initiative zu achten? Hier die drei größten Fallen und wie sie diese vermeiden können.

Falle 1 – Vollmundige Versprechen

Eine Initiative wird oftmals mit einer großartigen Vision angekündigt. Damit Wolkenkuckucksheim nicht ganz abstrakt bleibt, werden schöne Stories aus der Zukunft erzählt, die den Business-Alltag aufzeigen sollen. Natürlich ist in der schönen neuen Welt alles super, sehr komfortabel, viel schneller und überhaupt für jeden besser. Kann man so machen, aber wer am Anfang viel verspricht, tolle Visionen aufzeigt und großartige Szenarien an die Wand malt, der muss sich nicht wundern, wenn in der Umsetzung Frust und Enttäuschung zu den Früchten der Arbeit gehören.

Wie kann man es besser machen? Eine Vision ist nicht schlecht, aber je schnelle die Vision mit klarem Fokus geerdet wird, desto besser die Glaubwürdigkeit. Suchen Sie drei Kern-Nutzen heraus und stellen Sie diese in den Vordergrund. Prüfen Sie mit Integratoren von digitalen Plattformen und Beratern, ob diese auch wirklich schnell umsetzbar sind. Checken Sie auch, ob es gute Demo-Cases dazu gibt. Am besten Referenzen. Nichts ist besser, als ein überzeugter Kunde, der selber berichtet … und zwar nicht immer nur positiv. Die Welt ist schwierig. Warum also immer nur alles schön malen? Das glaubt eh keiner mehr! Authentizität ist besser als Hochglanz-Werbung.

Falle 2 – Top-down-Planung

„Wir da oben wissen wirklich alles – und auch besser“, würde niemals jemand behaupten, aber oftmals ist es genau das, was ich beobachte. Folglich wird auch von oben herab geplant. Visionen werden auf TOP-Ebene zusammen geschnitzt und Plattformen werden nicht selten von Management oder IT evaluiert. Schade eigentlich, denn diejenigen, die nachher das ganze Zeug einsetzen sollen, bleiben mit ihren Potenzialen aussen vor.

Wieso also nicht einfach das Angenehme mit dem Nützlichen Verbinden? Nur weil eine Top-down-Planung etwas veraltet ist und nicht mehr so recht zum Zeitgeist passt, muss man das Kind doch nicht mit dem Bade ausschütten. Ein alleiniger Buttom-up-Ansatz würde genau so scheitern. Was aber gut funktioniert, ist die Kombination aus beiden Prinzipien durch geeignete Innovattion-Initiativen als Startpunkt. Bei der Auswahl einer digitalen Plattform kann das praktisch bedeuten, dass die Anforderungen aus den Funktionsbereichen in entsprechenden Arbeitstreffen aufgenommen und gegen Leistungsfähigkeiten von Anbietern von digitalen Lösungen abgeglichen werden. Natürlich nicht unstrukturiert.

Ein Gesamtkatalog könnte untergliedert werden in funktionale und nichtfunktionale Anforderungen, strategischer Fit-Gap-Analyse, Integrationsaspekte und Wirtschaftlichkeitsberechnung. Ja ja, so handfeste Sachen gehören zum Change Management dazu. Schon richtig gelesen.

Falle 3 – Falsche Denkhaltung

In der IT ist das Thema mit der Wasserfallplanung durch. Kein Profi würde auch nur ansatzweise auf solche Modelle referenzieren oder planen. Alles ist schön agil, flexibel und wird regelmäßig angepasst. Doch im Change Management laufen immer noch „Profis“ herum, die vorne weg alles planen und dann den Plan abarbeiten … wollen. Oftmals wird sogar ein veraltetes Basismodell zugrunde gelegt.

Diese Denkhaltung passt nicht mehr in ein Umfeld von Geschwindigkeit, Vernetzung und Unschärfe. Hier sind in der Entwicklung Methoden wie Design Thinking, Minimal Viable Products und agile angepasste Planung erforderlich. Alle diese Ansätze haben eins gemeinsam: „Trail & Error“ und sie kommen aus der Mitte der Leistungsorganisation. Adaptiv, selbstverständlich. Ein Graus für Menschen, die noch immer im Newtonschen Kartesianischen quadratischen Denkmustern leben. Alles schön geplant und dann umgesetzt. Das war früher tatsächlich mal so. Ich habe das selber noch erlebt.

Klar ist ein Masterplan nicht schlecht, aber nur dann, wenn wiederkehrende Komponenten eingebaut sind, die Kontinuität über eine disruptive Entwicklung absichert. Wie das Fokusgruppenkonzept beispielsweise. Das ist nicht ganz einfach zu installieren, aber wenn es erst mal steht, liefert es eine Verankerung von Ergebnissen, die ihresgleichen suchen.

CRM-Projekt in der Krise

Kennen Sie das? Bei der CRM-Plattformauswahl lief alles super. Die Hersteller haben vollmundige Versprechen abgegeben. „Mit der neuen Plattform wird vieles einfacher, schneller, besser und sowieso viel günstiger“ und dann kam das agile Projekt.

Agil oder fragil?

Neue Methoden brauchen ihre Zeit, bis sie substanzielle Ergebnisse erzeugen. Die Sache mit der Innovation hat immer einen Haken. Einfach gesprochen kann man sagen: „Es ist einfach neu“ und wenn etwas neu ist, haben die Leute meistens noch nicht so viel Erfahrung. Woher auch?

Entweder ist eine Sache innovativ und dann bewegt man sich auf Neuland oder es ist etabliert. Beides zusammen geht nicht.


So kommt es, dass innovative Plattformen, die mit noch innovativeren Methoden eingeführt werden eben mal von agil zu fragil wechseln. Aber keine Sorge, das war eigentlich schon immer so. Die Frage lautet, wie damit umgegangen wird. Dabei sind Budget, Zeitpläne und Qualitäten möglicherweise schon im roten Bereich.

Erst einmal – Ruhe bewahren

… und neu fokussieren. Üblicherweise verfallen die Budgetverantwortlichen an dieser Stelle in den Krisenmodus. Die Integratoren werden ordentlich und hart ran genommen und die Lichter gehen oft erst weit nach 24:00 Uhr aus. Wenn überhaupt. Aber mal im Ernst, hat so etwas schon mal die Qualität im Ergebnis wirklich gesteigert? Was jetzt hilft, ist ein frischer Fokus. Jawoll! Einfach mal die Komplexität raus nehmen und sich ganz neu auf Kernanforderungen konzentrieren. Weg mit den zehntausend Detailanforderungen. Jetzt heißt es erst mal Kontrolle zu erlangen und das funktioniert nur dann wirklich gut, wenn die Entscheider sich zu „END-Scheidungen“ durchringen. Fokus auf Essentials. Weg mit dem Schnick-Schnack, den superbidirektionalen Schnittstellen und funktionalen Anforderungen aus allen Randbereichen.

Zweitens – Change Management

Offensichtlich sind immer noch viele Vertreter der alten Schule aus den Wasserfall-Modellen unterwegs, die der Meinung sind, Change Management beginnt irgendwo dahinten, wenn eine CRM-Plattform ausgerollt wird. Nach dem Motto: Information, Qualifikation, Support und gut ist. Komplett falsch. Komplett alt. Komplett daneben.

Change Management ist im Krisenmodus erst recht wichtig, denn woher kommt sonst die Kommunikations- und Dialogexpertise wenn ein Projekt zu scheitern droht? Die Machbarkeit ist eine Seite der Medallie, aber um die Glaubwürdigkeit nicht ganz zu verspielen, sind genau an dieser Stelle Change-Instrumente angesagt. Genau dann, wenn es rummst im Karton. Alles andere wäre doch easy. Doch leider fehlt an dieser Stelle die Beauftragung von Experten, für die das ein tägliches Brot ist. Menschen, die mit geeigneten Instrumenten die Basis von Akzeptanz auch in solchen Zeiten absichern. Auch in Schieflagen kann Vertrauen, Glaubwürdigkeit und Akzeptanz gesteigert werden.

Oder soll man den ganzen Mist im Projekt einfach unter den Teppich kehren und so tun, als liefe alles nach Plan? Nicht wirklich, oder?