Digitalisierung Over-Hyped

Viele von uns können es nicht mehr hören, wie und wo alles digitalisiert wird. Meistens sind das sogar unangenehme Erfahrungen, wenn die ganze Nummer überambitioniert ist, Ziele verfehlt werden und Budgets explodieren. Ist doch so, oder?

Geht es bitte auch ohne Superlativen?

„Phänomenale Kundenerlebnisse“, „großartige Chancen“, „einzigartige modern work places“ oder „außergewöhnliche Lösungen“ gehören zum Standardsprachgebrauch. Wer mal bei LinkedIN durchscrollt, wird von Superlativen und gigantomanischen Ideen und „Best Practices“ platt gewalzt. Abgesehen von den Super-Tipps und den hoch innovativen Methoden, deren Saft aus jeder Ecke quillt. Wer soll den ganzen quatsch eigentlich noch glauben?

Erde an Luftvision – bitte melden

Diese Woche konnte ich einen Vortrag einer unserer Kunden aus dem Luftfahrt Cargobereich zuhören. Da war die Rede von wirklich einfachen Lösungen, Roll-out-Wellen, gepaart mit agiler Vorgehensweise, Verantwortung der IT, Systemwechsel ohne Prozessanpassung bis hin zu recht einfachen Skype/Teams-Schulungen für die weltweit agierenden Key-User. Alles down to earth, alles machbar, alles reduziert auf das Wesentliche. Wie angenehm war das denn! Einmal ein richtig normaler und bodenständiger Manager! Ein Projekt mit grundsolidem Handwerk(ern). Nix mit Super-Vision, nix mit Mega-Agil und auch nix mit alles von A bis Z umkempeln. Dafür Stabilität, Sicherheit und schrittweise Innovation. Wow! Auch sowas gibt es noch.

Die IT im Driver Seat

So, jetzt wird mal am Grundgerüst gerüttelt, denn die Hersteller von digitalen Plattformen gehen zunehmend in den Fachbereichen ein- und aus, weil diese für Sales und Marketing recht zugänglich sind. Im besagten Fall wurde aber anders Entschieden. Die IT ist verantwortlich für die Digitalisierung, indem ein Altsystem durch einen modernen Arbeitsplatz abgelöst wird, also hier ganz konkret eine CRM-Plattform.

Oracle Siebel fliegt raus. Microsoft Dynamics 365 kommt rein.

Die Prozesse sind stabil und bleiben erst mal unberührt. Lediglich die Plattformen werden getauscht. Alt gegen neu. Danach geht es weiter, aber erst mal Eins nach dem Anderen. Die Ansage war klar: „Die IT ist im Driver Seat.“ Sowas ist selten geworden, aber den Ansatz fand selbst ich äußerst interessant und offenbar funktioniert er richtig gut. Das setzt voraus, dass die IT mit den Fachbereichen sehr gut abgestimmt ist und genau weiss, was jeder will. Eben nicht der übliche Kleinkrieg, nicht die Grabenkämpfe mit den fiesen Handgranaten.

Das Projekt läuft noch, aber schon jetzt ist absehbar, dass die Ziele erreicht werden, was nicht immer der Fall ist. Denn all zu oft, übernehmen sich Unternehmen und ändern zu viel an zu vielen Stellschrauben. Die Investments sind riesig und der Knall am Ende oftmals auch. Das macht keinen Sinn.

Lieber down-to-earth mit einer guten soliden Lösung ans Ziel kommen, als alles verändern wollen und am Schluss verenden.

Anmerkung: Diese Projektbeschreibung ist stark verkürzt, aber sie liefert Impulse zum „Nachdenken“, die helfen, ein komplexes Vorhaben ordentlich ans Ziel zu bringen. Vielleicht hilft es sogar zum „Vordenken“.

Rezession vor der Tür?

Wenn Apple einen Schnupfen hat, ist das nur ein Anzeichen für eine Grippe im globalen Maßstab. Es beginnt in China und schwappt über in aller Herren Länder. Die Reduktion der erwarteten Quartalsumsätze von 91 Mrd. US$ auf nur noch 84 Mrd. US$ (- 7 Mrd. US$) bei Apple reflektiert, dass in China etwas schief läuft und wie sich zeigte, ist das kein iPhone-Problem, sondern ein Branchenproblem, offensichtlich mehr noch, ein Problem der gesamten Volkswirtschaft. Was kommt da auf uns zu?

Apple ist extrem guter Seismograph

Bloomberg berichtet zu Apple jetzt auch noch über Reduktion bei Personaleinstellungen. John Gruber beschreibt sehr gut, dass dies kein Apple, noch ein iPhone-Absatzproblem darstellt, sondern etwas viel schlimmeres – Eine Rezession, die auch auf uns zukommen kann. Apple hat in den vergangenen Jahren und Quartalen extrem gute Voraussagen von Umsatz und Ertrag hingelegt. Aufgrund der globalen Märkte, auf denen Apple sich bewegt, ist dieses Unternehmen wie kein zweites in der Lage, als Seismograph herangezogen zu werden. Was bedeutet das für uns hier in Deutschland und Europa?

Wir stehen vor dem nächsten Cost Cutting

Wie immer wird beim Personal zuerst gespart. Im Sinne einer gesunden Trainingslehre kann Performance langfristig nur dann aufrecht erhalten werden, wenn Regenerationsphasen in den Trainingsplan eingebaut werden. Kurz: Runter mit dem überschüssigen Gewicht, Reduktion im Personal, bevor das Übergewicht die Erträge auffrisst. Kluge Entscheider bereiten sich vor.

Wie kann man sich vorbereiten?

Die Antwort liegt auf der Hand – Mit Digitalisierung und Automatisierung. Das gilt besondern im Bereich der Marktbearbeitung, also Marketing, Vertrieb und Service. Konkrete Schritte sind jetzt schleunigst einzuleiten. Die Kurzversion könnte so aussehen:

  • Start mit der Auswahl einer geeigneten CRM-Plattform
  • Austausch der alten CRM-Software gegen eine moderne CRM-Cloud-Plattform und agile schrittweise Implementierung der neuen Plattform bei gleichzeitiger Reduktion der Komplexität in Geschäftsprozessen
  • Empowering der Mitarbeiter, die an Bord bleiben
  • Verankerung von Plattform, angepassten Prozessen und neuem Wissen bei Mitarbeitern und Partnern

Jeder Abschwung bringt die Chance auf Performance-Steigerung mit sich, allerdings nur bei rechtzeitiger Investition.

Microsoft legt nach – Nach BMW jetzt auch VW

Das Gesetz der Masse wirkt immer weiter und stärker. Jetzt also die Kooperation zwischen Volkswagen und Microsoft. VW plant 300 neue Stellen direkt in der Nähe des Microsoft Hauptquartiers in den USA. Ziel ist es, in 2020 über 5 Millionen „connected Cars“ zu verkaufen, die unter anderem auf der Microsoft Cloud- Technologie aufsetzen. Hat das auch Auswirkungen auf den Ecospace, wie CRM-Plattformen, die dadurch im Umfeld mobiler Lösungen angereichert werden?

Microsoft und Volkswagen haben ähnliche Ziele – Marktführerschaft

Beide Partner streben globale Führung in den jeweils aktiven Geschäftsfeldern an. Eine Kooperation steht VW und Microsoft gut zu Gesicht und bereichert das Angebot für Endkunden. Mit großen finanziellen Anstrengungen investieren die Unternehmen in Zukunftstechnologien. Hier zeigt sich wieder einmal, dass kleinere Anbieter komplett chancenlos bleiben.

Lediglich Unternehmen wie Apple könnten mit Lösungen punkten und mit Milliardeninvestitionen und smarten Lösungen Kunden gewinnen. Doch die Koopertion von VW und Microsoft bezieht sich zuerst einmal nicht auf die Technologie im Auto, sondern die Cloud-Infrastruktur, die Microsoft anbietet. In diesem Kontext ist nicht Apple, sondern die Nummer 1 im Cloud Business der Wettbewerber; Amazon.

Microsoft versucht mit derartigen Kooperationen den langfristigen Erfolg abzusichern und gegenüber Amazon aufzuholen.

Was bedeutet das für CRM-Lösungen?

Wer an aktuelle Lösungen, wie die Nutzung von Microsoft Exchange oder Skype im BMW denkt, mag sich sofort die Frage stellen, ob die Bedienung von CRM-Lösungen im Auto einfacher werden. Das steht wohl auf einem anderen Blatt Papier, denn jetzt geht es erst mal nur um Infrastruktur und Volkswagen ist der Hersteller, der partizipieren möchte, um seine Stellung als Marktführer zu stärken. Das macht Sinn nach dem ganzen Diesel-Chaos im Umfeld alter Antriebstechnologien. 300 Leute in der Nähe von Microsoft sind ein guter Schritt in die richtige Richtung.

Wie sieht die Volkswagen Platform konkret aus?

Mit der Volkswagen Automotive Cloud soll eine solide Cloud-Infrastruktur geschaffen werden. Neben Microsoft sind selbstverständlich auch andere Technologiepartner im Boot. Die sogenannte „One Digital Platform“ beinhaltet zwei Komponenten. Die Device- und die Service Platform.

Mit der Device Platform wird die Vernetzung aller Fahrzeuge, kontinuierliche Updates und Upgrades abgesichert. Im Zentrum steht die Infrastruktur zum Fahrzeug.

Die Service Platform dagegen ist die Infrastruktur mit der wichtigen Schnittstelle zum Menschen, dem Volkswagen-Kunden. Damit erhalten Kunden Zugang zu den Services wie „Volkswagen We“.

Microsoft CEO Satya Nadella sagt:

„Wir sind begeistert, dass Volkswagen sich für Microsoft entschieden hat. Gemeinsam werden wir das Fahrerlebnis für Menschen auf der ganzen Welt neu definieren.“

Na ja, Microsoft behauptet quasi bei jeder neuen Lösung, dass damit der Planet aus der Bahn geworfen und neu definiert wird. Aus Erfahrung wissen wir, dass diese Selbstdarstellungen eher Visionen, Träume und Wünsche repräsentieren, weniger die zukünftige Realität. Da muss man die Kirche einfach mal im Dorf lassen. Denn sonst würden wir heute alle kleine iPods von Microsoft benutzen (wie hießen die doch gleich? Ach ja – ZUNE) und erst Recht coole Smartphones. Beides von Microsoft ist heute komplett verschwunden und bedeutungslos. Aber eins bleibt – Da arbeiten zwei große an Lösungen, die Sinn machen.

Was wirklich zählt

Am Ende bleibt das übrig, was wirklich zählt: „Customer Experience“ und diese gilt es immer und überall zu verbessern. Es ist mir schon klar, dass die Sau schon zehn mal durchs Dorf getrieben wurde und es vielen schon aus den Ohren heraus hängt, aber in dem Punkt hat Herr Nadella schon Recht, wenn er von einem neu definierten Fahrerlebnis spricht.

Wer Zukunft profitabel gestaltet will, stellt die Customer Experience in den Fokus.