IT-Experten Mangelware

Der Preis reguliert Angebot und Nachfrage. Üblicherweise ist das so, doch wir befinden uns in einer sehr speziellen Konstellation, in der Angebot und Nachfrage immer weniger zueinander passen. Woran liegt das?

Forderungen von IT-Experten

Immer mehr Fachkräfte in der IT und dazu gehört auch der Lösungsvertrieb oder das Management mit „Digital Expertise“ haben immer höhere Forderungen an die Arbeitgeber. Diese haben im Gegenzug zu Kämpfen mit operativer Projektbesetzung, CO2-Footprints (Leasing-Autos) und einem massiven Kulturwandel. Im Spiegel ist aktuell zu lesen:

„100 Prozent Homeoffice und eine Viertagewoche“

An der Realität vorbei

Immer wieder platzieren angestellte digital Natives Forderungen bei jährlichen Gehaltsrunden, die selbst der wohlwollendsten Führungskraft nur noch die Blässe ins Gesicht treibt. Neben 30 Prozent mehr Geld bis hin zu: „Ich will nicht mehr zum Kunden fahren“ ist aktuell alles im Warenkorb. Das kann man machen, aber es ist nicht mehr zielführend im Sinne der gemeinsamen und fairen Wertschöpfung. Die Realität verlangt weiterhin hohes Engagement von Mitarbeitenden, zeitlich, physisch und auch mental, wenn hochkomplexe Projekte aktiv zum Erfolg geführt werden sollen.

IT-Projekte sind keine Pony-Wiesen

Corona hat den Turbo für SOHO eingelegt und sicherlich die Basis für einen exzellenten Mix aus Off- und Onsite Aktivitäten hervorgerufen, doch wer wirklich etwas leisten will, der muss auch etwas leisten. So einfach ist das. Es ist auch nicht richtig, dass alle Mitarbeitenden nur noch Selbstoptimierer sind. Es gibt sie nach wie vor, Menschen, die einfach alles geben für den gemeinsamen Erfolg und dazu gehört Mehrarbeit, physikalische Präsenz ist auch mal von Nöten und auch die Extrameilen, die fast immer erforderlich sind.

Wertschöpfung und Erfolgsbeteiligung

Ich bin mir sicher, dass viele Experten trotz solider Einkommen mehr Geld benötigen werden und der Deal dazu ist ganz einfach – Mehr Leistung führt zu mehr Einkommen und/oder Bonuselementen, gemessen am Gesamtergebnis. Es wäre jetzt die falsche Richtung, wenn Arbeitnehmer die Gunst der Stunde durch Knappheit der Expertise ausnutzen. Wir alle sind Teil der Gesellschaft und und jeder einzelne kann einen wertvollen Beitrag zum Ergebnis liefern. Doch Erpressung nach dem Motto „Homeoffice oder Tschüss“ ist wirklich kein guter Ratgeber, zumindest nicht dann, wenn wir einen Beitrag in unserer Gesellschaft leisten wollen und nicht immer nur uns selber optimieren.

Win-Win bleibt die überlegende Variante

Win-Win ist die spieltheoretisch beste Option. Wir sehen auf der politischen Weltlandkarte, wohin es führt, wenn Machtpositionen ausgenutzt werden. Da gibt es nur Verlierer. Die Gewinner dagegen finden sich dort zusammen, wo gut verhandelt wird und wo jeder seinen komparativen Vorteil liefert. Hohes Engagement auf der einen Seite und gute Bedingungen und Bezahlung auf der anderen Seite.

Die Gewinner von Morgen finden sich in High Performance Teams, die eine Leidenschaft für ihr Thema haben. Wer nur noch eine Leidenschaft für sein Homeoffice hat (so nett es auch sein mag), ist vermutlich fehl am Platz.

Verwaltung digital – Echt jetzt?

„Customer Journey“ und „DCX“ (Digital Customer Experience) in der Verwaltung für bessere Bürgererfahrungen? Das wäre schön, leider sieht die Realität anders aus. Projektziele sind eher „Prozesse intern verbessern“ oder mit der „mangelnden Personaldecke“ klarkommen. Wir brauchen einen Ruck in Deutschland, nicht nur eine Verbesserung. Auf allen Ebenen, Bund, Länder, Kommunen und Städte.

Heute berichtet Ulrich Dietz, Gründer von GFT (730 Mio. Umsatz p.a.) im Handelsblatt vom 23.09.2022:

„Deutschland ist eine Scheißegal-Nation geworden“.

Wie der Frosch im Wasser akzeptieren wir mittlerweile mit verzogener Mine die Dauerbaustelle auf der Autobahn, die wochenlange Bearbeitung von Bauanträgen, das Chaos bei der Bahn, die Zettelwirtschaft im Bürgerhaus genau so, wie das Schlamassel bei der Grundsteuer. Wir haben uns daran gewöhnt, dass nichts mehr wirklich gut funktioniert. Die Ursache liegt auf der Hand – Zu viel Verwaltung, zu viele Regeln und zu wenig Personal.

360.000 Stellen unbesetzt in der Verwaltung

Als ich die digitale Plattform für einer der größten Deutschen Banken mit über 24.000 Anwendern in einem größeren Team evaluierte, stand mehr Effizienz im Fokus. Was jedoch tatsächlich geschah – Nach der Implementierung konnten 6.000 Mitarbeitende frei gesetzt werden.

Wieso werden diese Effekte nicht einfach in der deutschen Verwaltung genutzt? In den nächsten 15 Jahren werden auch hier über dreißig Prozent des Personals in den Ruhestand gehen. Beste Voraussetzungen, damit gänzlich alles zum erliegen kommt … oder aber es wird mal mit dem richtigen Fokus in digitale Lösungen investiert.

Cloud Solutions sind die Lösung

Eine digitale Verwaltung ist vor allem eins – digital und das bedeutet, dass sich die Lösungen in der Cloud befinden. Damit nutzen die Verwaltungen das unglaubliche Innovationspotenzial der Hyper Scaler wie Microsoft, Salesforce oder anderen führenden Anbietern von Customer Journey Erfahrungen. Das bedeutet allerdings zweierlei.

Erstens ist es erforderlich, dass die Verwaltungen selbst einen Blick entwickeln, wie sie als Betroffene und nicht als Verwaltende die Bürokratie erleben. In unsere Demokratie ist Bürokratie unabdingbar, doch mit einem Perspektivenwechsel von der „Sachbearbeitung“ hin zum Bürgererlebnis steht der hohe Anspruch im Raum, eine echte Vision zu entwickeln.

Zweitens muss eine rationale messbare Kosten-Nutzen-Ökonomik Einzug halten und die überregulierte Sachbearbeitung schlichtweg ablösen. Es kann nicht sein, dass eine 30 Euro-Entscheidung durch Prozesskosten von 1.000 Euro in der Verwaltung herbeigeführt wird. Wenn dieses Umdenken und „Umhandeln“ stattfindet, könnte eine KI als Turbo-Booster eingesetzt werden, damit nicht jeder „Killefitz“ durch Menschen bearbeitet wird.

In der Verwaltung der Zukunft muss Kollege Roboter in Form der KI Hand ind Hand mit Kollegin Mensch arbeiten. Erst dann beginnt eine Verwaltung wirklich effizient zu werden.

Empowering

Es wäre zu schön, wenn eine Methode für alle funktionieren würde. So langsam setzt sich aber die Erkenntnis durch, dass tatsächlich jede Leistungsorganisation so individuell ist, wie jeder Mensch. In der Tat gibt es gleiche Elemente und Prinzipien in Organismen, aber jeder Organismus ist dennoch recht einzigartig, individuell geprägt in seiner Historie.

Die neue Realität

Wenn Standardisierung die tatsächliche oberste Maxime darstellt, brauchen wir keine Befähigung (Ermächtigung) von Personen und Organisationen. Wenn der Standard das Ziel ist, reicht es vollkommen aus, alle in den Standard hinein zu pressen. In starren Organisationen hat das gut gepasst.

Doch unsere neue Welt ist geprägt von Disruption, Kreativität, Diversität und Komplexität. Noch ein paar Zutaten mehr? Geschwindigkeit, Vernetzung und Unschärfe.

Empowering als zentrales Erfolgsrezept

„Wissen ist begrenzt“ – Soviel steht fest. Wenn sich jede/r und alles aber ständig anpasst an Krisen jeglicher Couleur, dann sind Organisationen und Menschen im Vorteil, die zuvor befähigt wurden, kreativ und eigenständig auf Veränderungen schnell zu reagieren. Aus genau dem Grund haben sich agile Methoden gegenüber klassischen starren Planungen durchgesetzt. Das ganze funktioniert auch nur dann wirklich gut, wenn es als Kultur gelebt wird und nicht nur als Methode. Es zeigt sich jedoch erst in der Krise, ob EMPOWERING stattgefunden hat.

Selbstverantwortung und Vielfalt

Aus Erfahrung kann ich berichten, dass Initiativen zur Digitalisierung und Transformation immer dann besonders erfolgreich zum Ergebnis kommen, wenn die Akteure in Selbstverantwortung agieren. Klingt recht simpel, aber immer wieder tendieren Leistungsorganisationen dazu, Anweisungen von oben nach unten zu exekutieren. Oft sogar gepaart mit einer entsprechenden abgeschlossenen Kommunikation, die einen Dialog, geschweige denn Kreativität erst garnicht zulässt. Ein perfektes Rezept zum Scheitern.

Eine Kultur für Empowering

Befähigung kann einfacher sein, als gedacht, weil es bedeutet, Menschen und Organisationseinheiten Gelegenheit zu geben, auf Basis eigener Motivation, kreativer Ideen und in Vielfalt Lösungen zu entwickeln, die genau passen. Für Führungskräfte, die mit Taylor groß geworden sind, durchaus ein gewagter Ansatz, doch die neue Realität lässt eigentlich keine Alternative zu. Sowohl gesellschaftlich, kulturell und auch individuell. Das ist unsere Entscheidung in einer Marktwirtschaft, die funktioniert, die innovativ ist und die schneller ist, als jede Form der Planwirtschaft.

Freiheit und Freiheitsspielräume

Befähigung findet in einer Atmosphäre von Freiheitsspielräumen statt, in denen „Fail fast“ erlaubt ist. Es bedeutet aber nicht, dass im „free flow“ ohne Regeln und Abstimmungen gearbeitet werden kann. Genau hier kommen die vielbeschworenen Technologien zum Einsatz. Plattformen, die Daten in einer „Single source of truth“ für alle Beteiligten transparent zugänglich machen sind die Basis für schnelle und abgestimmte Entscheidungen. Entscheidungen, die von Individuen getroffen werden, die das Wohl des Gesamtorganismus im Blick haben.